Vordereinstieg

■ Seit Montag geht es in die BVG-Busse wieder vorne rein

„Hallo, junger Mann, Fahrkarte vorzeigen!“ Der junge Mann hat sogar eine Monatskarte, obwohl er nicht so aussieht, und der pingelige Busfahrer hat Pech gehabt. Django mit der Monatskarte bleibt aber eine Ausnahme. Fast alle anderen BerlinerInnen spielen das Spiel nach den neuen alten Regeln, steigen im Bus wieder brav vorne ein und zücken ungefragt ihre „Fahrausweise“.

Das wird selbst manch anderem Busfahrer zu viel: „Dankeschön, ist gut, ich glaub's schon.“ Und wo sind alle die Schwarzfahrer geblieben, die nach inoffiziellen Schätzungen ein Loch von zehn Millionen Mark in die Tashen der BVG gerissen haben? Knappsen sie sich die 2,70Mark jetzt wieder von der Rente, vom BaföG oder von der Sozialhilfe ab? Oder zieht es die autolose Paria dieser Stadt vor, ihr Grundrecht auf Bewegungsfreiheit lieber zu Fuß wahrzunehmen?

Der kleinen Oma mit der Kassenbrille und den billigen Turnschuhen ist förmlich anzusehen, wie schwer ihr die Geldausgabe fällt. Wie eine kostbare Münze hält sie das Geldstück in den Fingern, um sich nach dem Bezahlen erschöpft auf einen der vorderen Sitze fallenzulassen.

Ja, was soll man machen, die goldenen Zeiten sind vorbei. Hinten geht's nur noch raus aus Berliner Bussen, und der vergebliche Versuch einer Punkerin, dort Einlaß zu finden, wird von den anderen Fahrgästen mit mißtrauischen Blicken quittiert.

So werden viele BerlinerInnen in diesem Winter wieder durch Matsch und Hundescheiße stapfen und eine schöne Fahrt im warmen Bus nur genießen, wenn es nicht anders geht: wenn die Einkaufstaschen zu schwer sind, die Maloche zu stressig war oder nachts, wenn die Katzen grau sind und die erste U-Bahn noch drei Tequila weit entfernt ist.

Susanne Ehlerding