Strengere Haft für ausländische Gefangene

■ Auf einer Anhörung der AL wurden die unterschiedlichen Haftbedingungen von deutschen und ausländischen Gefangenen diskutiert / Wenige Vollzugslockerungen für Ausländer wegen „Fluchtgefahr“ / Hafterleichterungen nur zusammen mit der Ausländerbehörde

Die AL-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte zur Anhörung über die Diskriminierung ausländischer Strafgefangener geladen, die Vertreter von Ausländer- und Justizbehörde glänzten durch Abwesenheit. So blieb denn der einzige Widerspruch, daß die deutschen Häftlinge ebenfalls diskriminiert würden und die Debatte deshalb über Kriminalisierung und Knäste geführt werden müsse. Rechtsanwalt Matthias Zieger mochte diesen Einwand nicht teilen. Er verwies auf eine Studie von 1981, nach der jeder zweite deutsche Gefangene Hafterleichterung erhielt, jedoch nur jeder zwanzigste ausländische. Gemeint sind Hafturlaub, Möglichkeiten, eine Ausbildung in der Haftanstalt zu absolvieren oder aber für Drogensüchtige, eine Therapie zu machen. Heute sei die Situation bei beiden eher schlechter. So kamen von den über 200 ausländischen Gefangenen in der JVA Tegel nur sechs in den Offenen Vollzug. Nur: Den meisten ausländischen Häftlingen, vor allem den erwachsenen, drohe nach dem Knast zusätzlich die sofortige Ausweisung. Regelmäßig verweigere deshalb die Anstaltsleitung Vollzugslockerungen, weil von vornherein eines unterstellt würde: Fluchtgefahr. So wurde einem ausländischen Ex-Häftling ein achtstündiger Ausgang verwehrt, obwohl für ihn eine Kaution von 70.000 Mark bereitlag.

Hafterleichterungen dürfen, so eine Anordnung, nur im Einverständnis mit der Ausländerbehörde gewährt werden. Und die entscheidet, selbst wenn ein Ausreiseverfahren erst im Gange ist, im Zweifel immer gegen den „Angeklagten“. Der Grund: Fluchtgefahr. Nur in wenigen Fällen, so wurde Rechtsanwalt Zieger mitgeteilt, in denen eine Ausreisefrist nach Haftverbüßung vorliege, komme ein Einverständnis der Ausländerbehörde in Frage.

Dementsprechend, so Zieger, sei eine Sozialtherapie oder eine Aussetzung der Reststrafe nicht drin, denn dafür müsse sich der Häftling bei der Hafterleichterung bewährt haben. Klar, Fluchtgefahr. In Anbetracht dieser Situation zog es ein zu neun Jahren verurteilter Türke vor, einen Antrag auf Abschiebung in die für ihre Knäste berüchtigte Türkei zu stellen. Die Türkei gab keine Willenserklärung zu einer Doppelbestrafung, Racheengel Germania lehnte ab. Der Grund?

Martin Breuniger