Schongang für die „schwarzen Schafe“

■ Will die Stadt Delmenhorst „kriminelle Machenschaften“ bei privaten Gebäudereinigern verhindern? / SPD: Jein / CDU und FDP: „Vergabefremde Erwägungen“ / Grüne: Mehr Bürokratie wagen / Innung will gegen Billig-Haie helfen

Viele Putzfrauen aus Delmenhorst und umzu hatten am Donnerstag den Weg in die Delmeburg gefunden. Sie wollen sich von den örtlichen Politikern sagen lassen, ob die Stadt Delmenhorst künftig gegen „kriminelle Machenschaften“ im Gebäudereinigerhandwerk vorgehen wird. „Saubere Arbeitsverhältnisse nur durch eine starke Gewerkschaft“ verspricht der einladende Bezirksverband Bremen und Umgebung der DGB-Gewerkschaft Bau-Steine-Erden (BSE).

„Kriminelle Machenschaften“ bei den Putzunternehmen in der Delmestadt? Die Podiumsdiskussion hat eine Vorgeschichte. In Delmenhorsts öffentlichem Dienst ist die Gebäudereinigung privatisiert. Bei der Vergabe von Putz-Aufträgen bekommt diejenige Firma den Zuschlag, die es am billigsten macht. Viele Reinigungsfirmen kalkulieren ihre Dumping-Angebote mit Minilöhnen weit unter dem Tariflohn von derzeit 9.95 Mark brutto. Die Unternehmer speisen die meisten Frauen mit sogenannten „geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen“ ab. Die Frauen arbeiten nur zehn Stunden die Woche und verdienen im Monat höchstens 440 Mark. Bis zu dieser Grenze

sind keine Sozialabgaben zu zahlen. Viele Firmenchefs verhindern die Wahl von Betriebsräten, schmeißen Frauen raus, die für ihre Rechte eintreten. Demütigungen durch „Objektleiter“ genannte Kettenhunde des Chefs sind an der Tagesordnung. Mit den Worten: „Wir wußten gar nicht, daß es auch intelligente Putzfrauen gibt! “ überreichte ein Reinigungs-Chef einer aufmüpfigen Gebäudereinigerin die Entlassungspapiere. Als eine Reiniger-Kolonne der Firma Neuke tarifliche Ansprüche geltend machte, wurde ihr prompt der tägliche Kleinbus-Transport zum Arbeitsplatz gestrichen.

Seit dem 1. Januar 1988 hat die BSE 107 Arbeitsgerichts -Verfahren in Delmenhorst angestrengt, 88 davon sind Klagen gegen Putzfirmen. Im Juni 1988 sollte damit Schluß sein. Der Stadtrat verabschiedete mit den Stimmen von Grünen und SPD einen eigentlich selbstverständlich Beschluß: Bei der Vergabe von Putzaufträgen soll Delmenhorst nur solche Firmen bedenken, die gesetzliche und tarifliche Bestimmungen beachten und Wahl und Arbeit eines Betriebsrates nicht behindern. Dieses Votum nützt allerdings den Putzfrauen nichts: Oberstadtdirektor Willi Schramm legte

Einspruch ein.

Nach der Podiumsdiskussion wissen nun Delmenhorsts Putzfrauen, daß sie von den meisten Volksvertretern keine Unterstützung bekommen. Fred Cordes, für die Sozialdemokraten im Rat, verwandte seine Energie mehr darauf, seinen Genossen Oberstadtdirektor aus der Schußlinie zu bringen. „Der mußte Widerspruch einlegen.“ Dies sei nach einer Verwaltungsverfügung der Landesregierung unumgänglich gewesen. Für den „alten Gewerkschafter“ ist klar: Putzfrauen, die unter verschiedenen Namen mehrere 440 -Mark-Verträge eingehen, „verstoßen gegen das Recht“. Den illegalen Praktiken im Putzgewerbe müsse ein Riegel vorgeschoben werden, und Cordes weiß auch, wie: Die Frauen sollten bei der Arbeit sichtbar einen Ausweis tragen.

CDU-und FDP-Vertretern war es recht egal, ob es in Reinigungs-Unternehmen rechtmäßig oder nach Wild-West-Manier zugeht. Das sei eine ganz und gar „vergabefremde“ Erwägung, erklärte CDU-Stadtrat Süssmuth. Und der Grünen Stadträtin Christel Hein fiel nur noch die Forderung nach Einrichtung einer „Prüf-und Beratungsstelle für Gebäudereinigungsfirmen“ ein. Die Bezirksre

gierung in Oldenburg, müsse den „strittigen Punkt“ mit „unabhängiges Rechtsgutachten“ klären.

Sieger nach Punkten auf dem Podium wurde ein Herr Dalberg von der Landesinnung Bremen des Gebäudereinigerhandwerks. Zwar seien im Bezirk Bremen (wozu auch Delmenhorst gehört)

128 Betriebe in die Hand werksrolle eingetragen. Aber nur 64 seien Mitglieder seiner Innung und insofern tarifgebundene Arbeitgeber. Die Billig -Haie passen der Innung nicht, sie verderben die Preise. Die Innung bietet inzwischen sogar an, daß die Verwaltung ihren Mitgliedsfirmen in

die Bücher schaut. So könnten die Kommunen prüfen, ob Tarife und Gesetze eingehalten werden. „Man kann da durchaus Auflagen machen!“ ermunterte der Unternehmer das zögerliche Kommunalparlament. „Wir geben gern Formulierungshilfe!“

Günter Beyer