Ohnmacht der Kleinen

■ Malediven: Urlauber, Putschisten und der Imperialismus

Wenn ein Ex-Präsident mit gedungenen Söldnern einen amtierenden Präsidenten auf einem tropischen Eiland stürzen will, interessiert das nur insofern, ob deutsche Touristen ihren Badeaufenthalt um einige kostenlose Abenteuer-Tage verlängern dürfen. Auf den Malediven durften sie das nicht: Indiens Armee machte den bösen Putschisten den Garaus. „Ruhe und Ordnung“ sind seit gestern wieder hergestellt.

Da es in diesem Konflikt weder linke Guerilleros mit wehenden Bärten noch ledernackige Yankees noch sowjetische Invasoren mit Stalin-Orgeln gab, fällt das linke Urteil wieder einmal schwer und die Solidarität aus. Nicht die USA, „nur“ Indien hat sich im Imperialismus geübt und ist einer bedrohten Regierung „zu Hilfe geeilt“ - nach dem indischen Eingreifen auf Sri Lanka schon zum zweiten Mal in diesem Jahr.

Die USA und die Sowjetunion seien von der indischen Militäroperation unterrichtet gewesen und hätten zugestimmt, sagte Indiens Ministerpräsident Gandhi. Wenn das stimmt, können wir uns auf eine neue Form der Unterdrückung in der Dritten Welt vorbereiten. Dank der Entspannung zwischen den Supermächten werden regionale Großmächte eingesetzt, um interne Konflikte in souveränen Staaten so zu entscheiden, wie es gefällt. Bei den Malediven mag man weder dem fehlgeschlagenen Putsch noch dem überlebenden Präsidenten allzuviel Symphatie entgegenbringen. Doch schon morgen könnten es Befreiungsbewegungen sein, die der neuen Solidarität der Mächtigen aus Ost und West, aus Nord und Süd zum Opfer fallen.

Klaus Hillenbrand