HONIG IM NUTELLAGLAS

■ „College of Hearts“ summt ein Bienenmusical

Herbei gelockt worden bin ich von einem schwarz geschminkten Mephistopheles im Halbprofil, der maliziös und verführerisch lächelnd, mit dem reißerischen Titel „Blutiger Honig“ und der Versprechung „Kellner(!)asseln schlagen zu“ auf mit Eiskonfekt versüßte Stunden hoffen läßt. Vergebens! Auch wenn Titel und Programm an die Tradition der gemalten Filmplakate erinnern, im Bienenmusical küßt kein Clark Gable Scarlett O'Hara vorm brennenden Kulisenhintergrund von Tara, kein Taschentuch wird zerknüllt und niemand will auch nur eine geträumte Minute lang der Star sein.

Und das liegt im Bienenmusical nicht an den Bienen oder anderen Insekten. Dabei summen in „Blutiger Honig“ doch gleich drei von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellte Drohnen herum. Otto, Oskar und Olaf (Christoph Swoboda, Wolfgang Böhmer und Burkard Wehner), sonst für die Befruchtung der Eier ihrer Bienenkönigin (Thomas Pigor) zuständig, sind plötzlich arbeitslos. Es ist etwas faul im Bienenstaate. Die Königsdroge Gelee Royal wird von der Insektenmafia kontrolliert und bei Orgien im Abwasserrohr zu Höchstpreisen von gemeinen Wespen und anderen Kellnerasseln versoffen.

So lernt Olaf, der jugendliche, idealistische Held unseres „Entwicklungsmusicals“ die böse, weite Welt außerhalb des Bienenstocks kennen. „Du bist jung, du hast die Wiese noch vor Dir“ wird ihm als halbherziger Mutmacher mit auf den Weg gegeben. Statt dessen trifft er Mademoiselle Zizi (Daniele Drobny), eine heiße Wespe, die das Büro der ZBF (Zentrale Bienen Vermittlung) nur zum Schein führt, im Grunde aber mit der Oberkellnerassel Asselino unter einer Decke steckt. Leider erinnert nun die blasse Unschuld der Liebesbiene Olaf an seinen Namensvetter aus dem Werbefernsehen, von dem es jahrelang hieß: „Olaf hat Husten.“ So kommt zwischen Zizi und Olaf nicht die rechte Leidenschaft auf. Ganz anders da die Eintagsfliege (Karin Koppenhöfer), sie hat nichts zu verlieren und spielt an diesem einen Tag ihr ganzes Leben, nach dem Motto „kurz aber heftig“. Wenn sie als Küken aus dem Ei purzelt und in Minuten die Wandlung vom staksigen Baby zum schon kokett am Daumen lutschenden Kleinkind vollzieht, das beim nächsten Schritt, weil alles so schnell geht, schon den Schulranzen schultert, entsteht ein Moment höchster Intensität, und es wird deutlich, was sein könnte. Dann ginge die Post ab, und es würde nicht nur ein blaues Postsparbuch (eine Lehrerstelle für post-moderne Zuspät -Kommer) herumgereicht.

Startschwierigkeiten gibt es auch bei den von Thomas Pigor komponierten Songs. Ohne den schon legendären Deutsch-Rap des College of Hearts („Also echt, also echt, also echt, echt, echt), auf den man diesmal verzichtet hat, wollen weder der verruchte Titelsong „Blutiger Honig“ noch das optimistische „Sing in Dur“ so richtig zünden. Auf die ironische Verwendung von „Summ, summ, summ / Bienchen summ herum“ oder des eingängigen „Maikäfer flieg“ hat man gleich verzichtet.

Es fehlt nicht viel, aber etwas. Wenn alle ihre Insektenrollen spielten, präsent wären und ihre Alltagsgesichter hinter der Bühne ließen, vergäße man die mäßigen Dialoge, die nur halb gearbeiteten Szenen und wäre glücklich und zufrieden mit einem lustvollen dilettierenden Bienenmusical, wie schon jetzt das befreundete Publikum, das zum Schluß solidarische Honigbonbons auf die Bühne warf.

Susanne Raubold

Der Versuch läuft außer montags und dienstags (Kino-Tag) um 21 Uhr bis zum 4.Dezember in der Ufa-Fabrik unter Aufsicht des Publikums.