Aussiedler ja, Asylbewerber nein

■ Führende Unionspolitiker sprechen weiter von Einfallstor für „ungesteuerte Einwanderung“ / Kanzler Kohl befürchtet „moralisch heruntergekommenes Volk“ / Verschärfung des Asylrechts gefordert

Hamburg/Frankfurt (ap/dpa) - Führende CDU-Politiker haben am Wochenende erneut Asylbewerber gegen Aussiedler ausgespielt. Während Innenminister Zimmermann und der hessische Ministerpräsident Wallmann wieder die Abschaffung des geltenden Asylrechts forderten, riefen Bundeskanzler Kohl und CSU-Chef Waigel zur Solidarität mit den Aussiedlern auf. „Wir können die derzeitige Entwicklung der Asylantenzahlen nicht längern hinnehmen“, sagte Zimmermann. Das Asylrecht werde mehr und mehr „zum Einfallstor für eine ungesteuerte Einwanderung“. Zimmermann gab die Zahl der Asylbewerber in den ersten zehn Monaten dieses Jahres mit 80.000 an; 90 Prozent seien davon Wirtschaftsflüchtlinge, und in diesem Jahr müßten dafür fast sechs Milliarden Mark aufgebracht werden. In diesen Zahlen sind die Personen, die die BRD nur als Transitland benutzt haben, einfach mit aufgeführt worden. Auch Wallmann betonte, die Bundesregierung könne die derzeitige Entwicklung der Asylantenzahlen nicht länger hinnehmen. Er forderte, die Dauer des Asylverfahrens „drastisch abzukürzen“. Außerdem müßten abgelehnte Asylbewerber konsequent in ihre Heimat zurückgebracht werden. Ein CDU-Bundestagsabgeordneter, Heribert Blens, wagte jedoch zu widersprechen: Die Forderung nach Abschaffung des geltenden Asylrechts sei „nutzlos, sachlich falsch und politisch schädlich“. Nicht einmal die CDU/CSU -Fraktion würde geschlossen für eine solche Grundgesetzänderung stimmen.

Helmut Kohl rief dagegen die BundesbürgerInnen zur Mitverantwortung für die Aussiedler auf. Kohl griff auch erneut Oskar Lafontaine an, der mit seinen Äußerungen zur „Deutschtümmelei“ die jetzige Debatte ausgelöst hat. Wenn die Bundesdeutschen nicht zu den eigenen „Landsleuten“ stehen, wären sie ein „moralisch heruntergekommenes Volk“. Waigel ergänzte: „Wer anfängt, Deutsche auszugrenzen, verläßt den Boden der Verfassung“.

Martin Kruse, Ratsvorsitzender der EKD, hat davor gewarnt, Aussiedler und Asylsuchende gegeneinander auszuspielen. Kruse sagte, es gebe besondere geschichtliche, menschliche und politische Bindungen zu den Aussiedlern. Der Schutz der Flüchtlinge und die Offenheit für Ausländer dürfe aber nicht darunter leiden.

urs