Meyer und Brückner sollen gehen

■ Bremer Senatsklausur in Cuxhaven beschloß umfassendes personelles Karussell des Senatspersonals / Bernd Meyer soll Fraktionsvorsitzender werden, Horst-Werner Franke Innensenator

Wenn Sozialdemokraten in Bremen Stände machen, um ihre Broschüren zu verteilen, bläst ihnen der Volkszorn ins Gesicht: Sie werden ihre Zettel nicht los, sondern müssen sich gegen heftige Vorwürfe wehren. Das Image der Bremer SPD in der Öffentlichkeit ist auf einem Tiefstand.

Als am vergangenen Wochenende die 125jährige Tradition der Partei gefeiert werden sollte, kamen selbst die Mitglieder nicht zum Feiern - 60 FunktionärInnen drückten pflichtgemäß und ein wenig betreten die Stühle in dem viel zu großen Saal, und die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) hatte wie ein CDU-Frauenkränzchen Kuchen gebacken. Die Situation in der SPD ist derweil so sehr angespannt, daß diese Lage nicht zur Sprache gebracht werden darf. Am Wochenende hob der ei

gens aus Bonn angereiste Fraktionsvorsitzende Vogel die Stimme, als stünden tausende von Arbeitern vor ihm, und der Bremer SPD-Politiker Herbert Brückner, der in den Jahren des „St.-Jürgen-Skandals“ verantwortlicher Gesundheitssenator war, behauptet allen Ernstes, er sei als Landesvorsitzender für eine Erneuerung der Partei gut.

Daß der Bremer Senat, der sich vorgestern zu einer Klausur ins niedersächsische Cuxhaven zurückgezogen hat, die seit Monaten im Terminkalender eingetragenen Finanzprobleme besprechen und zur Tagesordnung übergehen kann (vgl. Seite 18), ist kaum vorzustellen. Daß der Präsident des Senats, Klaus Wedemeier, in den vergangenen Wochen darüber gegrübelt hat, mit welcher personellen Regierungs-Konstellation er in einem Jahr den

Wahlkampf beginnen kann, liegt auf der Hand.

Aus Cuxhaven kam gestern das vorläufige Ergebnis des wochenlangen Schweigens: ein Personalkarussel, das kaum einen der angeschlagenen SenatorInnen auf ihrem Posten läßt und dennoch insgesamt wenig ändert - die alten Gesichter sollen in neuer Verteilung vor die Kamera treten. Der in der Bildungspolitik angeschlagene Senator Franke, dem seit Wochen die Schüler des Kippenberg-Gymnasiums und der Handelskammer-Präses seinen Wortbruch vorhalten, soll gehen. Der Innensenator Bernd Meyer soll gehen. Die Senatorin für Stadtentwicklung und Umweltschutz, der die beiden Ressorts über den Kopf wachsen, soll den Bau-Bereich wieder abgeben. Der ehemalige Gesundheitssenator Brückner soll den SPD-Lan

desvorsitz abgeben.

Brückner ist aber der einzige, der im neuen Personal-Strauß nicht mehr vorkommen soll. Der jahrelange Baupolitiker Claus Dittbrenner soll Bausenator werden, für Bernd Meyer wird damit der Stuhl des Fraktionsvorsitzenden frei. Auf den Innensenators-Posten rückt Franke, hinter ihm steht schon lange die SPD-Abgeordnete Marlis Grother-Hünecke, die als dritte Frau ins Kabinett aufrücken soll.

Allerdings ist sie nicht nur in Kreisen der Bremer Oppositionsparteien in ihren Fähigkeiten zur Leitung eines derartigen Konflikt-Ressorts umstritten. Auch SPD -PolitikerInnen können sich kaum vorstellen, wie sie sich Abend für Abend der Kritik aufgebrachter Schüler oder Studenten stellen könnte. Die Personaldecke der Bremer SPD, das zeigt

die Neuverteilung der Posten unter den alten Leuten, ist erschöpft.

Das Personalkarussell ist im engsten Kreise vorbereitet worden. Gestern nachmittag wußten die in Bremen zurückgebliebenen Nicht-Mitglieder des Senats, Dittbrenner und Brückner, noch nichts von der neuen Verteilung der Posten. Am Abend allerdings waren die Unterbezirksvorstände ins niedersächsische Cuxhaven zitiert. Wenn sie dem kompliziert gewebten Konzept nichts entgegensetzen können, wird der Parteibasis nichts übrig bleiben, als zuzustimmen. Denn nach Satzung und demokratischem Selbstverständnis entscheiden die Delegierten der Partei-Basis. Und die gaben ihren Unterbezirksvorsitzenden gestern nachmittag die Devise mit: Kommt bloß nicht mit leeren Händen zurück! K.W