piwik no script img

Im Schwitzkasten

■ Weltklima-Konferenz in Hamburg

Tagen in Hamburg die Regierungschefs der Welt, um mit einem radikalen Sofortprogramm die nötigen Maßnahmen gegen Ozonloch und Treibhaus zu beschließen? Nein, hier hecheln Experten der Bringschuld der Wissenschaft hinterher und versuchen mit den neuesten Daten der Klimaforschung der Politik und Öffentlichkeit einzuhämmern, daß die katastrophale Klimaentwicklung mehr als ein mediales Gruselmärchen ist. Es wird also Alarmierendes auf uns niederregnen. Die Wissenschaftler werden aber auch eigene Korrekturen vornehmen müssen, denn die von ihnen auf der Vorgänger-Konferenz in Toronto vorgeschlagenen Maßnahmen sind schon wieder veraltet, eingeholt vom unaufhaltsamen Wachstum des Ozonlochs und der genauso wachsenden Gewißheit einer drohenden globalen Erwärmung.

Mit dem Toronto-Beschluß wollten die Experten, denen die Industrie im Kreuz sitzt und im Nacken die Politik, die ihre Forschung bezahlt, den Ausstoß der Ozonkiller (FCKWs) um 50 Prozent reduzieren. Jetzt wissen sie, daß mindestens 90 Prozent Reduzierung notwendig sind. Die Fakten liegen auf dem Tisch, gleich daneben die Maßnahmenkataloge. Ihre Umsetzung wird solange dauern, wie sie immer dauern. Die Schnecke macht das Tempo. Es geht um Jahrzehnte. Allerdings ist uns das Klima auch Jahrzehnte voraus. Was wir jetzt in die Luft blasen, zeigt erst in zehn, 15 und 20 Jahren Wirkung. Andersherum: Wenn wir heute mit den relevanten Schadstoffen auf Null gehen, wird sich die Klimasituation dennoch - zumindest ein Jahrzehnt - weiter verschlechtern.

Der Kongreß tagt in der Bundesrepublik. Hier sitzen nicht nur die lautstärksten Kassandra-Rufer, hier sitzt auch der weltweit größte Hersteller von Ozonkillern: Hoechst. Die Bundesrepublik ist auch Weltmeister im FCKW-Export. Und sie hat als einziges Land Europas noch immer kein Tempolimit, mit dem sich nach neuesten Zahlen jährlich 26 Millionen Tonnen des Treibhaus-Gases Kohlendioxid vermeiden ließen.

Manfred Kriener

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen