Euro-Gipfel der Sozialdemokraten

Vertreter von 18 Arbeiterparteien trafen sich in Berlin, um über bessere Zusammarbeit zwischen EG und EFTA zu beraten / Österreich entscheidet 1989 über Mitgliedschaft  ■  Aus Berlin Dietmar Bartz

Noch dem gemeinsamen Abschlußkommuniqu'e war zu entnehmen, mit welchen Differenzen Europas sozialdemokratische und sozialistische Parteien untereinander zu kämpfen haben. Zwei Tage lang hatten führende PolitikerInnen von 21 Parteien aus 18 Ländern der EG und der Europäischen Freihandelszone (EFTA) in Berlin darüber beraten, wie ihre Zusammenarbeit untereinander verstärkt werden soll - der erste gemeinsame Gipfel der west-, nord- und südeuropäischen Arbeiterparteien.

Doch in die „Berliner Erklärung“ hatte die britische Labour Party gleich zwei Vorbehalte eingebracht: gegen die Stärkung des Europäischen Währungssystems und gegen den Begriff „Europäische Union“.

Im Gegensatz zur konservativen Konkurrenz, die sich vor allem auf die wirtschaftliche Bedeutung des Binnenmarktes konzentriert, stehen für die Sozialdemokraten europäische Sozial-, Umweltschutz- und Friedenspolitik im Vordergrund.

Die italienischen und griechischen Sozialisten haben zudem eine EG-eigene Mittelmeerpolitik gefordert, nachdem bessere Wirtschaftsbeziehungen mit den osteuropäischen Staaten kein bundesdeutscher Sonderwunsch mehr sind.

Einigkeit herrschte darüber, daß nur diejenigen Staaten voll an den Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaft beteiligt werden können, die auch Mitglieder sind. Dennoch wollen EG- und EFTA-Sozialdemokraten künftig enger zusammenarbeiten, um einen „dynamischen europäischen Wirtschaftsraum“ mit 350 Millionen Einwohnern zu errichten.

Indes, freute sich Gerd Walther, SPD-Spitzenkandidat für die Europa-Wahlen im nächsten Jahr, seien die grundsätzlichen Vorbehalte der britischen und griechischen Sozialisten gegen die Mitgliedschaft in der EG vom Tisch. Auch der Binnenmarkt sei von allen Parteichefs aus den EG -Staaten begrüßt worden.

Verstärkung könnten die EG-Sozialisten bald auch aus Österreich bekommen: Kanzler Kurt Vranitzky gab bekannt, daß die Regierung in Wien bis Mitte kommenden Jahres eine Entscheidung darüber fällen werde, ob das blockunabhängige Land einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EG stellt. Allerdings wollten mehrere Parteivertreter erst den gemeinsamen Binnenmarkt vollenden und dann über neue Mitgliedsländer reden.

Während bei Norwegens SozialistInnen weitgehender Konsens über eine sehr langsame Annäherung an die EG herrscht, schloß der schwedische Regierungschef Ingvar Carlsson erneut kategorisch aus, daß das neutrale Land einen Mitgliedsantrag stellen wird. Die schwedische Regierung wolle aber „bei Forschung, Technologie, Normung und Handel an allem teilnehmen, was EG ist“, berichtete Walther von den Beratungen, die nicht presseöffentlich waren.

„Die europäische sozialistische Partei ist noch Zukunftsmusik“, räumte Walther ein. Der bisherige „Bund der Sozialdemokratischen Parteien der EG“ sei zu wenig schlagkräftig. Wenn sich daran nichts ändern werde, „sollten wir lieber über uns selbst jammern als über die Vorherrschaft von Bürokratie und Kapital in Europa“.

Organisatorische Beschlüsse, sagte SPD-Chef Hans-Jochen Vogel zum Schluß der Konferenz, seien aber nicht gefaßt worden.