DER QDAMM ALS ERKUNDUNGSPFAD

■ Wenn etwas gewesen ist, wer will etwas wissen?

Nebenan und drum herum findet sich der Plan, auf dem die 32 Stelltafeln mit den einzelnen Titeln verzeichnet sind, damit man sich hier schon einen Überblick verschaffen kann über die räumliche Dimension dieser ungewöhnlichen Ausstellung, die die Wirklichkeit des Q-Damms letztendlich konterkariert, wenn man - wie die Ausstellungsmacher im Vorwort behaupten „gerade in einer glitzernden, von Verführung, hektischer Ablenkung und bedingungslosem Reizüberfluß geprägten“ Straße an Stelltafeln vorbeikommt, die durch nichts als ihr Vorhandensein auf sich aufmerksam machen.

Diese Tafeln, auf denen schwarz auf weiß Bilder und Texte gedruckt sind, verführen nicht zum Lesen der zusammenhängenden Texte. Sie führen eher dazu, daß man sich von ihnen abwendet und sich lieber an Schaufenstern die Nasen platt sieht.

Nichtsdestotrotz tauchen aus dem gesamten Spektrum jüdischen Lebens nicht nur auf dem Kurfürstendamm, nicht nur in Berlin und nicht nur in Deutschland Erklärungen auf, die einmal den Menschen geläufig waren wie heutzutage Makrobiotik oder Vollwertkost. Und man bekommt erklärt, was „koscher machen“ eigentlich heißt.

Die beigefügten Texte, wie der auf Tafel Nr.2, bezeugen, wenn man denn gewillt ist, über den Q-Damm zu gehen, zu verharren, sich zu verneigen, ein Stück Kultur, das uns gestohlen worden ist von unseren Eltern.

Auf Tafel Nr.9 „Psychoanalytiker“, Kurfürstendamm 64, dort wo der Psychiater und Neurologe Dr.Bernhard Berliner wohnte, schreibt Mario Offenberg über ein Mißverständnis, demzufolge heutzutage alle einen Verlust an Geist und Kultur bedauern: „Die Juden werden - diesmal philosemitierend - aus der menschlichen Gesellschaft abermals herausgelöst und aus ihnen werden lauter kluge, gebildete, interessante, begabte, kultivierte, leistungsorientierte, schöne und gute Menschen gemacht.“

Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll gewesen wäre, eine Schautafel für den kleinen Betrüger vom Q-Damm aufzustellen, für den Kokainbeschaffer, die Prostituierte, den Loddel und den Freier. Unverzichtbar ist die Information, daß es nicht nur eine Synagoge gab - und was ist überhaupt eine Synagoge -, nicht nur eine jüdische Gemeinde, sondern auch, wie auf Tafel Nr.21 vermerkt wird, Adass Jisroel, die 1869 als Religionsgemeinschaft gegründet wurde.

Das ließe sich nun beliebig fortsetzen, würde aber nicht den selbständigen Gang an allen 32 Tafeln entlang ersetzen, die vorerst nur bis zum 19.November stehen bleiben werden, um anschließend wieder in der Flut zu versinken - wenn sich nicht noch jemand findet, der der Berliner Geschichtswerkstatt, Goltzstraße 49, 1/30, Mo-Fr. 15-18 Uhr, Telefon 215 44 50 Gelder zum Druck einer Broschüre zur Verfügung stellen will.

Qpferdach