Amnestiedebatte für die Führer der Nelkenrevolution

Lissabon (taz) - Etwa 200 Besucher aus Portugal und Westeuropa trafen sich am vergangenen Sonntag in Lissabon, um an einer Konferenz zum Thema „Amnestie für Otelo de Carvalho und seine Genossen“ teilzunehmen. Der ehemalige Held der portugiesischen Nelkenrevolution war 1984 mit anderen unter dem Vorwurf festgenommen worden, Mitglied der bewaffneten Organisation „FP-25“ zu sein und damit einer terroristischen Vereinigung anzugehören. Im Frühjahr 1987 war er deswegen zu 18 Jahren Knast verurteilt worden. Auch die Haftstrafen der übrigen 42 angeblichen Mitglieder von „FP-25“ liegen großteils in diesem Strafrahmen. Am 18.Oktober war die Berufung gegen das Urteil angenommen worden. Anwälte bezweifeln jedoch, daß ein neues Urteil wesentlich anders ausfallen würde.

Die Initiative für eine Konferenz zu dem Thema Amnestie war maßgeblich von den bundesdeutschen Europagrünen ausgegangen, die zu dritt nach Lissabon angereist waren. Die Bonner Grünen hatten Jutta Ditfurth und Angelika Beer geschickt. In einem offenen Brief war zuvor in der Bundesrepublik zur Unterstützung der Amnestieforderung aufgerufen worden. Die leise Aufbruchstimmung kommt jedoch aus Portugal. Das dortige Amnestiekomitee hatte zur Unterstützung der Konferenz aufgerufen und innerhalb einer Woche die Unterschriften von über 100 bekannten Persönlichkeiten gesammelt. Darunter die der beiden ehemaligen Staatspräsidenten Eanes und Costa Gomes. An der Konferenz nahmen selbst Vertreter der ansonsten heftig gespaltenen Linken Portugals teil.

Der Verurteilte Otelo sowie die anderen politischen Gefangenen unterstützen die Amnestieforderung. Es müsse ein Schlußstrich unter dieses Kapitel der portugiesischen Geschichte gezogen werden, lautete am Ende der Tenor der Konferenz. Eine Rückkehr der politischen Gefangenen in die Gesellschaft wäre ein nötiges Zeichen.

Antje Vogel