Spion als Held der Arbeit

17 britischen Abhörspezialisten wird wegen Nichtaufgabe ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft gekündigt  ■  Aus London Rolf Paasch

Mike Grindley ist ein unscheinbarer Held. Der begeisterte Applaus der 4.000 Demonstranten in der Londoner Westminster Hall ist dem kleinen Mann aus dem britischen Abhörzentrum in Cheltenham (GCHQ) fast peinlich, hat er doch in seinen Augen nur das absolut Selbstverständliche getan: seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft verteidigt. Dafür werden er und 17 seiner Beamtenkollegen jetzt ihren Job verlieren. Nicht etwa, weil sie als linke Maulwürfe die britische Spionageabwehr unterwandert hätten, sondern weil sie auf ihrem Bürgerrecht der Organisationsfreiheit bestanden hatten.

„Ich danke Euch hier und den 200.000 Gewerkschaftlern, die überall draußen im Lande Solidarität mit uns gezeigt haben“, sagt der Mann, der seit 27 Jahren abgehörte „Intelligence„ -Kommunikation aus dem Mandarin-Chinesisch ins Englische übersetzt hatte. Grindley war der festen Überzeugung, damit die freiheitliche Demokratie des Vereinigten Königreiches zu verteidigen. Doch an der systematischen Zerstörung dieser demokratischen Grundordnung arbeitet derzeit niemand geringeres als die Premierministerin des Landes und ihre Minister-Chargen.

Bereits Ende 1983 hatte die Regierung Thatcher - nicht zuletzt auf Druck der USA, die im GCHQ gehörig mithorchen beschlossen, den Mitarbeitern das Recht auf gewerkschaftliche Organisation zu versagen. Arbeitsniederlegungen und Lohnstreiks zwischen 1979 und 1981 hätten die Sicherheit des Landes gefährdet, eine Behauptung, die selbst viele Konservative als unhaltbar ansehen. Selbst das von den Gewerkschaften daraufhin angebotene Streikverzichtsabkommen reichte Frau Thatcher nicht. Vaterlandstreu, wie staatliche Abhörspezialisten nun mal sind, akzeptierten sie die Bestechungsgelder der Regierung und zerrissen am Ende ihre Gewerkschaftskarte. Bis auf Mike Grindley und seine 17 Mitstreiter, die nunmehr seit fünf Jahren um ihr Recht auf Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft kämpfen. „Die Aufrechten von GCHQ“, so sagte in London ein Kundgebungsredner, „werden in die Geschichtsbücher eingehen.“ Welche Rolle bei der Verteidigung demokratischer Grundrechte zukünftige Historiker dagegen der gesamten britischen Arbeiterbewegung zuschreiben werden, ist noch offen. Trotz des 24-Stunden-Streiks und anderer Protestaktionen am Montag scheint es vielen Arbeitern und Angestellten immer noch leichter zu fallen, zur Verteidigung von Lohnerhöhungen auf die Straße zu gehen als für die Verteidigung demokratischer Grundrechte.