Grünes Licht für das Techno-Monster

Nach Lambsdorffs Rückzug stimmte das Kabinett dem Daimler-Einstieg bei MBB zu / Nichts geht mehr ohne die Deutsche Bank / Kritik aus Amerika nur „Begleitmusik“ / „Ministererlaubnis“ gegen Monopolkommission  ■  Aus Berlin Dietmar Bartz

Die Bundesregierung hat am Montag abend erwartungsgemäß dem Einstieg von Daimler-Benz bei MBB zugestimmt und einigen „Nachbesserungen“ zugestimmt, auf die die FDP gedrungen hat. So soll schon jetzt vertraglich festgelegt werden, wie im Jahr 1999 der Ausstieg der staatlichen „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ aus der neu zu bildenden Airbus-Tochter aussehen soll. Außerdem bekräftigte das Kabinett, daß es keine schriftlichen oder mündlichen Nebenvereinbarungen geben soll.

Damit ist das Wirtschaftsmonster mit 80 Milliarden Mark Umsatz, 400.000 Beschäftigten und der Deutschen Bank im Rücken fast perfekt. Selbst wenn die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von MBB und Daimler geschlossen gegen den Verkauf stimmen, werden die beiden Aufsichtsratsvorsitzenden (Deutschbankier Alfred Herrhausen bei Daimler und der bayrische Ministerpräsident Streibl bei MBB) mit ihren doppelt zählenden Stimmen entscheiden.

SPD-Chef Hans-Jochen Vogel nannte den Daimler-Einstieg „ein Beispiel für staatsmonopolistischen Kapitalismus“. Nachdem FDP-Chef Graf Lambsdorff den neuerlichen 5,4 Milliarden Mark Airbus-Subventionen schließlich doch zugestimmt hat, müsse sein Spitzname „Markt-Graf“ aus dem politischen Vokabular gestrichen werden. Die Fraktionssprecherin der Grünen Christa Vennegerts stellte die Frage, wie dieser „Rüstungsmoloch je an die Kette gelegt werden kann“. Das Bundeskartellamt ist für die Fusion kein Hindernis mehr. Selbst wenn sich die Berliner Behörde querstellt, kann der Bundeswirtschaftsminister den Weg per „Ministererlaubnis“ freimachen. Die „gesamtwirtschaftlichen Vorteile“ sollen die Nachteile im Wettbewerb aufwiegen. Dann muß das Amt zwar noch ein Gutachten abgeben - doch „dieses Verfahren wird inhaltslos und zur reinen Formsache, wenn der Anstoß zu der Beteiligung aus dem Hause des Bundeswirtschaftsministers kommt“, schrieb Ulrich Immenga, Vorsitzender der Monopolkommission. Immenga wollte gegenüber dem Hessischen Rundfunk seinen Rücktritt nicht ausschließen.

Wenig besorgt zeigen sich das Ministerium und MBB auch angesichts der scharfen Kritik des US-Handelsbeauftragten Clairton Yeutter, der die Kabinettsentscheidung als „unannehmbar“ bezeichnete. USA und EG streiten sich seit Jahren um die unterschiedlichen Subventionen für Boeing und Airbus. Yeutter hatte angekündigt, daß die US-Regierung „sorgfältig prüfen“ werde, ob die Wechselkurs-Garantien gegen internationale Handelsbestimmungen verstoßen. Auf Anfrage zeigte sich Bangemanns Sprecher Krause erstaunt über die „Begleitmusik aus Amerika“, die hauptsächlich durch den US-Wahlkampf bedingt sei.

Auch MBB in München rechnet nicht mit den Strafzöllen, die bei solchen Handelskonflikten zwischen EG und USA üblich geworden sind. Zwar sollen 400 bis 500 von den rund 1.000 Airbus-Bestellungen und Optionen in die USA gehen, aber jedes neue Flugzeug besteht zu rund 30 Prozent aus US-Teilen - einschließlich der Triebwerke, die ausschließlich bei den beiden US-Herstellern Pratt & Whittney und General Electric gekauft werden. Allein der Wert des US-Anteils in einem Airbus A300 entspreche einer kompletten DC-9 aus den USA.

Grund zur Freude hat neben Daimler auch die Deutsche Bank, als deren „Industriefiliale“ das Techno-Konglomerat zuweilen bezeichnet wird. Nachdem das Geldhaus im letzten Monat schon erfolgreich den Klöckner-Konzern übernommen hat, haben es die Bayerische Vereinsbank und die Dresdner Bank jetzt auch bei MBB mit der Konkurrenz zu tun. Beide Banken besitzen bis zur kommenden Kapitalerhöhung noch je 5 Prozent von MBB. Schon der „durchgerechnete“ Anteil der Deutschen Bank, die zu 25 Prozent an Daimler beteiligt ist, übersteigt nach der Kapitalerhöhung die Anteile der beiden bisherigen Hausbanken. Geht schon in der Industriepolitik nichts mehr ohne Alfred Herrhausen, gilt dies jetzt auch für die Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtpolitik.