„Nur diskutieren reicht nicht aus“

■ Die „Internationale Konferenz gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus“ ging gestern zu Ende / Gemeinsame Aktivitäten für die Europawahlen sollen entwickelt werden / Vorwürfe schwarzer Emigranten, von der Vorbereitung ausgeschlossen gewesen zu sein

Mit dem Beschluß, im April 1989 einen europaweiten, gemeinsamen Aktionstag zu veranstalten, ging am Mittwoch die „Internationale Konferenz gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus“ in Berlin zu Ende. Rund 300 Menschen aus elf Ländern, Kosten von etwa 80.000 Mark, fünf Tage lange Referate und Diskussionen, sechs Simultan-ÜbersetzerInnen, Resulutionen - so lautet in Zahlen die Bilanz der Konferenz. Freilich ging es nicht um Zahlen, sondern um Inhalte mit dem Ziel, in Form eines breiten Bündnisses „gemeinsame Aktivitäten für die Europawahl zu entwickeln“. Nicht vorgesehen in der Tagesordnung war die Debatte über die Beteiligung von EmigrantInnen und Flüchtlingen an der antirassistischen Arbeit. Dabei mußte sich mancher weiße Linke Ungewohntes anhören. So warf eine Gruppe schwarzer TeilnehmerInnen den Versammelten vor, die Betroffenen selbst nicht zu Wort kommen zu lassen. „Geht zurück und redet mit den Emigranten Eurer Länder, sonst ist hier alles umsonst und paternalistisch“, lautete die Aufforderung eines schwarzen Teilnehmers aus Großbritannien.

Der Debatte war der Vorwurf einer Gruppe schwarzer Emigranten und Deutscher vorausgegangen, daß sie bei der Vorbereitung der Konferenz ausgeschlossen gewesen seien. Ein Vorwurf, den der Mitveranstalter Peter Finger vom Regionalbüro für Wirtschaft und Antirassismus bestritt. Er habe allein in Berlin etwa 100 Gruppen angeschrieben, darunter auch viele Emigranten- und Flüchtlingsgruppen. Offen blieb allerdings die Frage: „Wo sind diese Leute?“ Gelassener nahm diese Vorwürfe eine Teilnehmerin aus Schweden, wo diese Erfahrungen schon gemacht wurden. „Wir müssen unsere Köpfe dekolonialisieren, gerade wir Europäer!“ sagte sie.

Vom Neofaschismus bis hin zur Gentechnologie reichte die Themenpalette, und mancher Teilnehmer fühlte sich von der Themenmenge erdrückt, was ein Brite auf die Formel „reduzierter wäre produktiver“ brachte. Es sei klar, daß durch den Zusammenhang der drei Begriffe die Teilnehmer mit sehr vielen Fragen konfrontiert waren, die auf dieser Konferenz nicht ausdiskutiert werden konnten, äußerte sich dazu Peter Finger. Aber die Konferenz sei „kein Endpunkt, sondern ein Anfang dieser Diskussion“. Es habe sich allerdings gezeigt, daß das Zusammenbringen von Faschismus, Rassismus und Sexismus eine eher bundesdeutsche Sache sei. So bemerkte ein belgischer Delegierter, daß es in Belgien einer schwierigen Diskussion bedürfe, die drei Begriffe zusammenzubringen.

Bedauerlicherweise, so die Meinung vieler BesucherInnen, seinen die Diskussionen vielfach zu abstrakt und theoretisch gewesen. „Nur diskutieren reicht nicht aus. Was wir brauchen, sind konkrete Strategien und gemeinsame Aktionen“, betonte ein Engländer. „Das ist dringend notwendig, denn die Faschisten haben das schon.“

Martin Breuninger