Im Westen nichts Neues

■ Bushs Außenpolitik ist berechenbar

Wenn Moskau, Peking und Pretoria sich angesichts der Wahl des Republikaners George Bush zum kommenden US-Präsidenten gleichzeitig die Hände reiben, scheint auf den ersten Blick zumindestens in einer der Hauptstädte ein Mißverständnis vorzuliegen. Doch die Glückwünsche sind durchaus ernst gemeint. Wie überhaupt, mit Ausnahme Nicaraguas, rund um den Globus der Wahlausgang mit Befriedigung registriert wurde. Das Motiv ist überall das gleiche: lieber eine berechenbare Außenpolitik als mögliche unliebsame Überraschungen wie zuletzt bei dem Demokraten Jimmy Carter. Das gilt sowohl für die EG, die Nato als auch im Ost-West Verhältnis. Die westeuropäischen Staaten erhoffen von Bush, daß er sich gemäß seines Mentors Reagan gegen Protektionismus einsetzt und die amerikanischen Truppenkontingente in der Bundesrepublik nicht spürbar reduziert.

Moskau dagegen weiß, daß Rüstungskontrollvereinbarungen oder gar echte Abrüstungsschritte für den rechten Bush innenpolitisch leichter durchsetzbar sind als für einen demokratischen Präsidenten. Außenpolitisch setzt die amerikanische Wahl damit ein ganz eindeutiges Signal: Business as usual.

Die Formel impliziert gleichzeitig das Dilemma. Für eine Welt, die in verschiedenen Bereichen am Rande der Apokalypse entlangschlittert, ist ein US-Präsident, der im besten Falle die Krise mehr oder weniger effizient verwaltet, eine schwere Belastung. So gering auch die Chance veranschlagt werden mußte, daß gerade Dukakis der Mann hätte werden können, der auf der Seite des Westens einem Gorbatschow gerecht würde - von Bush weiß man bereits jetzt ganz sicher, daß er es nicht ist.

Jürgen Gottschlich