Rechtswidrige Praxis des Herrn Fink

■ Verwaltungsgericht bescheinigt Fink rechtswidrige Praxis bei der Vergabe der Hilfe zum Lebensunterhalt / Asylbewerber erhalten pauschal weniger als Deutsche

In einer erst jetzt bekanntgewordenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wird Sozialsenator Fink nicht nur eine rechtswidrige Praxis bei der Vergabe der Hilfe zum Lebensunterhalt bescheinigt, sondern auch ein Verstoß gegen das Bundessozialhilfegesetz vorgeworfen. Wie in einer Verwaltungsvorschrift von 1986 festgehalten, erhalten Asylbewerber und Ausländer mit beschränkter Aufenthaltsgenehmigung generell weniger Geld als Deutsche in vergleichbarer sozialer Situation. Diese Ungleichbehandlung wird mit der Annahme begründet, daß Ausländer in ihrem Heimatland einen wesentlich schlechteren Lebensstandard als hier gewohnt sind und deshalb grundsätzlich weniger Geld als Deutsche in ähnlicher Lage bräuchten. Eine libanesische Familie hatte 1986 bis zu 22 Prozent weniger Unterstützung erhalten und deshalb Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht gab ihnen jetzt prinzipiell recht. Die generelle Sozialhilfekürzung sei unzulässig. Es müßten jeweils die individuellen Umstände geprüft werden. Im Fall der libanesischen Familie müsse die Verwaltung jetzt erneut entscheiden.

Die Verwaltungsvorschrift, so das Gericht, verstoße gegen das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und sei somit rechtswidrig. Auch wenn das Bundessozialhilfegesetz im Ausnahmefall Kürzungen zulasse, bestehe trotzdem der uneingeschränkte Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit der Verwaltungsvorschrift jedoch werde die Ausnahme zur Regel gemacht. Genau dies dürfe aber nicht geschehen, nämlich die gesetzliche Ausnahme zur Regel einer Verwaltungsvorschrift zu machen.

Der Sozialsenat hat gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes jetzt Berufung eingelegt. „Das deckt sich nicht mit unserer Rechtsauffassung“, erklärte gestern auf taz-Nachfrage ein Sprecher des Sozialsenators. Da es sich um ein schwebendes Verfahren handele, wolle man keine näheren Stellungnahmen abgeben.

Rechtsanwältin von Galen, die die libanesische Familie vor Gericht vertritt, räumt der Berufung jedoch wenig Erfolgsaussichten ein. Das Verwaltungsgericht habe lediglich das Bundessozialhilfegesetz in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht richtig angewendet. Es sei allerdings zu erwarten, daß das Land Berlin das Verfahren bis zur letzten Instanz durchziehen werde, nicht zuletzt, um eine Kostenlawine zu verhindern. Denn sollte das Urteil rechtskräftig werden, würde das Land Berlin mit zahlreichen Nachzahlungsansprüchen konfrontiert. (AZ: VG8A327.86)

bim