: Kein Blick mehr unter Hempels Sofa
CDU/FDP Mehrheit im Bonner Untersuchungsausschuß blockiert Durchleuchtung dubioser Geschäfte der Firmengruppe Hempel / Grüne: „Massiver Eingriff in das garantierte Untersuchungsrecht der Minderheit ■ Aus Bonn Thomas Scheuer
Die weitere Durchleuchtung der dubiosen Schwarzmarktgeschäfte der Düsseldorfer Firmengruppe Alfred Hempel durch den Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zum Atomskandal wird vorerst von der CDU-FDP -Mehrheit im Ausschuß blockiert. Hempels Firmen haben über 15 Jahre hinweg Komponenten für Atomreaktoren wie etwa Schweres Wasser und teilweise auch Spaltmaterial aus China, der UdSSR und Norwegen unter Umgehung der internationalen Kontrollsysteme in Länder wie Indien, Pakistan, Argentinien, Israel und Südafrika verschoben. Diese Importländer haben allesamt den Atomwaffensperrvertrag nicht ratifiziert und gelten als Anwärter auf Atomwaffen. Nach Ansicht der Koalitions-Vertreter ist die Befassung mit den Hempel -Machenschaften nicht durch das Mandat des Untersuchungsausschusses gedeckt. Die CDU will daher vor der Fortsetzung der bereits eröffneten Beweisaufnahme im Fall Hempel den Untersuchungsauftrag des Ausschusses vom Plenum des Bundestages nachbessern lassen, angeblich um eine einwandfreie Rechtsgrundlage zu schaffen. Demgegenüber hatte just vor einer Woche das Oberverwaltungsgericht Münster, vor dem der Hempel-Manager Helmut Swyen vergeblich gegen seine Bonner Vorladung geklagt hatte, festgestellt, daß die Befassung mit dem Hempel-Komplex eindeutig durch das Mandat des Ausschusses abgedeckt sei. Die SPD-Ausschußmitglieder, die den Fall Hempel im Sommer im Ausschuß aufs Tapet gebracht hatten, werten die juristischen Fisematenten zu einem Zeitpunkt, da man in der Beweisaufnahme gerade zum Kern vorgestoßen sei, denn auch als schlecht getarntes Verschleppungsmanöver. Die FDP hatte gar bereits geladene Zeugen wieder ausladen wollen, sich damit aber nicht durchgesetzt. Demnach kann demnächst noch die Vernehmung Swyens beendet werden, dann liegt der Fall Hempel nach dem Willen der Koalitions-Abgeordneten erst mal auf Eis.
Die Grünen warfen CDU und FDP einen „massiven Eingriff in das garantierte Untersuchungsrecht der Minderheit“ vor. Den Anschein, Hempel habe seine weltweiten Schiebereien mit stillschweigender Billigung des Bonner Wirtschaftsministeriums abwickeln können, versuchte dessen Staatssekretär Dieter von Würzen zu korrigieren, dessen Vernehmung bei Redaktionsschluß noch andauerte. Würzen gestand jedoch „Pannen“ bei der Ausübung der Kontrolltätigkeit über Hempels Transitgeschäfte ein.
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