Schwing und Nacktmusik

■ „Die kleine Tierschau“ ist eine rasante Nummernrevue mit viel Spaß, Klassikern der Popmusik und nackigen Männern

Ein dickbackiger, nuschelnder Marlon Brando muß den durchgeknallten Klaus Kinski von der Bühne ziehen - ein Pantomime redet ununterbrochen - der Drummer der (angeblichen) Vorgruppe „Die östliche Bedrohung“ fällt immer wieder bekifft in sein Schlagzeug und drei Plastikpopper geben mit einem „Greatest Hits Medley“ die endgültige Antwort auf:“ Ist Abba Bäbä ?“

Die drei Schwaben der „kleinen Tierschau“ parodieren und persiflieren alles, was nicht niet-und nagelfest ist. Musikalisch machen sie dabei einen Rundumschlag, der von „Schwingmusik“ über Disco und Country bis zur Klassik reicht. Die nostalgische Rock'n'Roll-Kapelle wird mit der ausfahrbaren Haarrolle und dem idiotischen Liedtext (Lieber doof sein, als Gabi heißen) genau treffend durch den Kakao gezogen. Im Laufe ihrer rasanten Nummernrevue spielen sie zig Instrumente (mal mehr und mal weniger gut), ziehen sich für fast jede Szene um, bis sie als Zugabe eine „kleine Nacktmusik“ als klassisches Streichterzett ohne Hemd und Hosen darbieten. Zudem bauen sie die absonderlichsten Gimmicks in ihr Schau ein: ein Minimotorad, Perücken, komische Hütte, einen tragbaren Scheinwerferspot für den glitzernden Starauftritt, und ein elektronisches Drumkit auf Bodenplatten für eine Hightech-Stepnummer. Die ganze Bühne ist mit Instrumenten oder Requisiten vollgestellt, und das ist nur die kleine Ausgabe: In großen Hallen packen sie Autowracks und anderen Schrott auf die Bühne. Am witzigsten sind sie, wenn sie die alltäglichen Gräuslichkeiten, nur noch ein wenig weiterdrehen, fast zitiern. „Tränen lügen nicht“, die Megaschnulze von Michael Holm, wird zwar mit realen Pauken und Trompeten in Grund und Boden gespielt, aber der unverändete Text ist schon witzig genug. „We are the Champions“ von Queen in makellosem Harmoniegesang auf Deutsch vorgetragen, wird ein lächerliches Macholiedchen und wenn in „Campari pur“

die Sprüche aus den Werbefilmen für „geistige Getränke“ eingeflochten sind, bekommt das bekannte „Guten Morgen, kleiner Kater, hast mich wieder mal geweckt!“ eine ganz neue Bedeutung.

Das die drei bei all dem Rumalbern, Verkleiden und Schauspielern auch Spaß an der Musik haben, merkt man besonders kurz nach der Pause, wenn ein Stück von den Temptations zwar mit viel Trara an- und abgesagt („Mer könne auch soft, verstehst mi“), aber dann ganz ernsthaft und ohne schräge Töne gesungen und gespielt wird.

Überhaupt merkt man den Akteuren in jeder Szene an, daß es ihnen höllisch Spaß macht, und dieses Vergnügen strahlt ins Publikum ab. Bei ihrem ersten Auftritt in Bremen hatten die

-in anderen Städten vielgerühmten - Schwaben alles andere als ein volles Haus, aber die etwa fünfzig Leute waren begeistert. Heute nacht um 23.00 Uhr sind sie noch einmal in der Schauburg: mit dem unfähigen Bauchredner, dem herrlich ekligen Conferencier, der Westernnummer auf Breitwandformat, der Pudeldressurnummer, Ali Baba, Rambo usw, usw. Wer nicht reingeht hat selbst schuld.

Wilfried Hippen