Zilpzalp in der Falle

■ In Zehlendorf droht die Vertreibung nicht nur einer Vogelart

Seine kleinen Nester baut der Zilpzalp im Unterholz, deshalb ist er ein äußerst scheuer Vogel. Graugrün und kleiner als ein Spatz ist der Insektenfresser, der genauso singt, wie er heißt: „zilpzalpzilpzalp“. Einige Zilpzalp-Pärchen leben im Landschaftsschutzgebiet an der Zehlendorfer Waltraudstraße, neben dem Krankenhaus Oskar-Helene-Heim (OHH). Schon im Frühherbst machten sich die Zehlendorfer Zilpzalps auf den Weg nach Afrika, zum Glück. Denn Anfang November haben direkt neben dem Schutzgebiet Bauarbeiten begonnen. Bis zum Frühsommer 1990 soll hier ein neues sportmedizinisches Zentrum errichtet werden. Anwohner und die Zehlendorfer Oppositionsparteien fürchten, daß dadurch nun nicht nur der Zilpzalp, sondern 90 Prozent aller Tierarten vertrieben werden, die in dem Schutzgebiet heute leben.

Frau Meyer von der Anwohnergemeinschaft Waltraudstraße kann auf ein ökologisches Gutachten verweisen, das diese Folge prognostiziert. Außerdem, so befürchten die Anwohner, werden auch im Schutzgebiet die Bäume absterben, weil es ihnen künftig an Wasser mangelt. Jetzt schon werden für das Sportzentrum 78 größere Bäume und 16 kleinere Bäume gefällt. Ein neues Bettenhaus, das 1992 gebaut werden soll, würde über 300 weitere Bäume bedrohen, fürchten die Anwohner.

„Ich bin kein Ökologe“, erklärt Henning Gerlach, Verwaltungsleiter des OHH. Er verläßt sich darauf, daß aus dem Öko-Gutachten die nötigen Vorsichtsmaßnahmen abgeleitet wurden. Und für CDU-Baustadtrat Menzel ist es ohnehin nur eine „Vermutung“, daß die Baustelle die Vögel vertreiben könnte. Wenn, dann schreibe das Gesetz vor, anderswo Ausgleich zu schaffen. Den Zilpzalps wird das erstmal nichts helfen. Aber auch Gerlach und Menzel weisen die Verantwortung von sich. Das Zentrum zur ambulanten Behandlung von Spitzensportlern gehöre zum Senats-Konzept für den „Olympiastützpunkt Berlin“. Und die Entscheidung, das Sportzentrum am OHH anzusiedeln, hätten Senat und FU getroffen.

Das OHH sei einfach prädestiniert für die Sportmedizin, erklärt der Sprecher von Gesundheitssenator Fink, Schültke: „Das ist der Knackpunkt.“ Ein von den Anwohnern vorgeschlagener Alternativ-Standort auf dem OHH-Gelände sei ebenfalls nicht sinnvoll. Weil zwischen den Gebäuden größere Wege entstünden, würde das Zentrum um zehn Millionen Mark teurer, weiß Baustadtrat Menzel. Ein Sachzwang jagt den nächsten, der Zilpzalp sitzt in der Falle.

hmt