Schottischer Nationalisten-Sieg

Sensationeller Erfolg der „Schottischen Nationalparty“ bei Unterhausnachwahlen in Glasgow-Govan / Debakel für die Labour Party / Schlaglicht für künftige Wahlen  ■  Aus London Rolf Paasch

Bei den Nachwahlen zum britischen Unterhaus im schottischen Wahlkreis von Glasgow-Govan hat der Kandidat der „Schottischen Nationalpartei“ (SNP) Sillars der oppositionellen Labour Party einen ihrer sichersten Parlamentssitze im ganzen Land abgenommen. Während jeder dritte Labour-Wähler zur SNP überlief, verlor der Kandidat der in Schottland traditionell schwachen Konservativen weiter an Boden und kam in Govan auf ganze 7,3 Prozent der Stimmen. SNP-Kandidat Sillars interpretierte den überraschenden Wahlsieg dahingehend, daß die Schotten auf dem Weg seien, Schottland in die Unabhängigkeit zu führen. „Allzu lange sind wir von Frau Thatcher als Nation 2. Klasse behandelt worden.“ Sollte sich der Trend für die Nationalisten, die jetzt vier Parlamentssitze halten, fortsetzen, dann könnten bei zukünftigen Wahlen auch die Sitze der übrigen 49 Labour-Abgeordneten in den 72 schottischen Wahlkreisen in Gefahr geraten. Eine Meinungsumfrage in Govan ergab, daß dort 41 Prozent der Wähler für ein unabhängiges schottisches Parlament und zusätzliche 39 Prozent für eine schottische Nationalversammlung. Schon einmal in den siebziger Jahren hatte die SNP große Wahlerfolge erzielt, ehe sie nach einer knappen Niederlage bei dem Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands wieder in der Versenkung verschwunden war. Die neue Popularität der SNP speist sich aus der Unfähigkeit der als „feeble fifty“ („schwache 50“) verspotteten Labour-Abgeordneten Schottlands, gegen die Politik der Regierung Thatcher wirkungsvollen Widerstand zu leisten. Die SNP, die Labour in Schottland längst links überholt hat, setzt unterdessen auf das Europa von 1992. Vielen Schotten mag es attraktiver erscheinen, von Brüssel regiert als weiter von London vernachlässigt und gedemütigt zu werden.