Volkstrauer in Schwanewede

■ Militärische Traditionspflege auf dem Kirchhof

Rechts und links der Kanzel lehnten die Traditionsfahnen der Schwaneweder Vereine: Reiter, Schützen, Sänger, Freiwillige Feuerwehr. Nach dem Gottesdienst wurden sie aus der Kirche getragen, während die Orgel sanft spielte: „Ich hatt‘ einen Kameraden...“ Auf der Straße, gegenüber dem Kriegerdenkmal, das an die Toten des ersten Weltkrieges erinnert, nahmen die Uniformierten und Betressten Aufstellung. „Stillgestanden! ... Die Fahnen senkt!“ Der die Kommandos gibt, ist ein alter Mann in blauem Regenmantel und mit Schiffermütze, der auffällig-unauffälligen Montur des Kyffhäuserbundes. Das ist jener deutsch-nationale Veteranenverband, der bereits nach dem ersten Weltkrieg gegründet worden ist. Gestern vor den Kriegerdenkmälern von Schwanewede zogen nur noch wenige Kyffhäuser mit: Alte Herren mit kalten Gesichtern, einige am Krückstock. Offenkundig: Es fehlt ihnen an Nachwuchs. Der letzte Krieg ist halt schon 43 Jahre her.

Schwanewede ist eine häßliche, kleine Garnisonsstadt nördlich von Bremen. Auf ihren Kasernenhöfen ist schon so mancher junge Bremer geschliffen worden. Nicht nur ein Kriegerdenkmal gibt es dort, sondern zwei, für jeden Weltkrieg eins. „Haltet Frieden“ steht nur schlicht auf dem, das an die Toten des letzten Krieges erinnert. Vom Frieden war auch viel die Rede, von der Kanzel während des Gottesdienstes und bei der Ansprache vor dem Mahnmal. Militärisch gings dennoch zu: Zwei Bundeswehrsoldaten rechts und links vom Ehrenmal, außerdem eine Kompanie in drei Reihen angetreten, ihre Gewehre in den Fäusten. So still standen sie, als wären sie aus Gips. Als Bundeswehroffiziere einen Kranz des „Bundesministeriums der Verteidigung“ zu Füßen des Kriegerdenkmals abgelegt hatten, erklang das bekannte Lied noch einmal. Hinter den Tannen stand unsichtbar ein Posaunenbläser: „Ich hatt‘ einen Kameraden...“ Dann wieder die Kommandos des alten Kyffhäusers: „Augen rechts! ... Rechts um! ... Marschiert!“ Sogar die wenigen Frauen, die sich in die Reihe der betressten Vereinsmeier verlaufen hatten, verfielen in Marschtritt.

Nur die Kompanie der jungen, stocksteifen Soldaten blieb im Regen stehen, als alle anderen weggetrappelt waren.

Gegendemonstranten gab es in diesem Jahr keine in Schwanewede. Die Friedensgruppe des Ortes hatte vor dem offiziellen Gedenken ein Blumengebinde mit der blauen Friedenstaube niederglegt. Auch am Gedenktag mit ihren Gegnern unversöhnt hatte sich die Bundeswehr gezeigt: Ihr riesiger Kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife hatte das kleine Gebinde der Friedensfreunde unter sich begraben.

mw