Ein „halber Rücktritt“ in Athen

Griechenlands Justizminister Koutsogioras nimmt den Hut, bleibt aber Stellvertreter Papandreous / Neue Enthüllungen in der Affäre um den verschwundenen Betrüger Koskotas  ■  Von Niels Kadritzke

Berlin (taz) - Während Georgios Koskotas, der Protagonist des griechischen Jahrhundertskandals noch immer verschwunden ist, treten die Probleme der Regierungspartei Pasok immer deutlicher zutage. Das zeigt die hilflose Taktik, mit der die Regierung Papandreou auf die Tatsache reagiert, daß die griechische Öffentlichkeit von zwei Dingen überzeugt ist: Erstens, der Banken- Zeitungs- und Fußballclub-Besitzer konnte nicht ohne staatliche Fluchthilfe verschwinden. Zweitens, diese Flucht erfolgte, um die Aufdeckung von Verbindungen zwischen dem gescheiterten Betrüger und führenden Politikern der Pasok zu behindern.

Zwar hat Justizminister Kontsogioras, dem die engsten Beziehungen zu Koskotas nachgesagt werden, seinen Rücktritt angeboten, um dem Eindruck vorzubeugen, daß er die gerichtlichen Ermittlungen beeinflussen könnte. Zugleich aber hat er erklärt, daß er stellvertretender Ministerpräsident und Koordinator der Regierungstätigkeit bleiben zu wollen. Dieser „halbe“ Rücktritt zeigt den vollen Umfang des Dilemmas, in dem Ministerpräsident Papandreou steckt. Er muß einerseits demonstrieren, daß auch die Pasok -Spitze einer Aufklärung des Skandals und einer „Säuberung“ der eigenen Reihen nicht im Wege steht. Andererseits ist der Hauptverdächtige als Papandreous „rechte Hand“ so unentbehrlich, daß man den Eindruck in Kauf nimmt: Wenn Koutsogioras fällt, stürzt mit ihm auch die Dynastie Papandreou.

Mit seiner Nibelungen-Treue zu Koutsogioras stellt der Ministerpräsident allerdings den Erfolg seiner fünfzehnten Regierungsumbildung infrage, die als letzter verzweifelter Versuch gilt, das Vertrauen der eigenen Wählerbasis zurückzugewinnen. Denn mehrere der „sauberen“ Kabinettskandidaten haben angezeigt, daß man ihnen nicht zumuten kann, mit Koutsogioras an einem Tisch zu sitzen. Derweil gehen die Ermittlungen weiter: Über Koutsogioras „Bank von Kreta“ sollen Waffenverkäufe der staatlichen griechischen Rüstungsindustrie abgewickelt worden sein, bei denen die Pasok am Golfkrieg mitverdient haben soll, meldet die Zeitschrift 'Anti‘. Das Blatt ist inzwischen beschlagnahmt worden.