Palastrevolution in der CDU

Auf dem Parteitag der rheinland-pfälzischen CDU schaßt die Basis Bernhard Vogel / Umweltminister Hans-Otto Wilhelm neuer Parteivorsitzender  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Koblenz/Frankfurt (taz) - Mit den Worten: „Gott schütze Rheinland-Pfalz“ trat am Freitag ein geschlagener Bernhard Vogel von der politischen Bühne des Landes ab. Im Kampf um den Parteivorsitz unterlag der amtierende Ministerpräsident auf dem 35. Parteitag der rheinland-pfälzischen CDU seinem Konkurrenten Hans-Otto Wilhelm überdeutlich mit 189 gegen 258 Delegiertenstimmen. Nach seiner Wahlniederlage erklärte Vogel - gemäß seiner Ankündigung - auch seinen Rücktritt als Ministerpräsident, denn „wie sollen die Menschen in Rheinland-Pfalz einem Ministerpräsidenten vertrauen, der noch nicht einmal das Vertrauen der eigenen Partei genießt“?

Wahlsieger Wilhelm, der noch amtierender Umweltminister des Bundeslandes ist, kündigte für die kommende Woche Gespräche sowohl mit dem neugewählten Landesvorstand als auch mit dem Koalitionspartner FDP an, um zu dem von Vogel genannten Rücktrittstermin - 2.12.88 - einen neuen Ministerpräsidenten präsentieren zu können.

Die Abwahl Vogels vom Landesvorsitz und sein Rücktritt als Ministerpräsident wurden von der Parteibasis in Koblenz als Votum gegen eine „falsches Parteiverständnis“ gewertet. Gleichzeitig war das Votum der Basis für Wilhelm auch eine Niederlage für Bundeskanzler Helmut Kohl und für den CDU -Generalsekretär Heiner Geißler, die sich beide im Vorfeld der Entscheidung für Vogel ausgesprochen hatten.

Mit der Wahl Wilhelms zum Parteivorsitzenden sind die Machtkämpfe innerhalb der Union um die Führung der Partei allerings nicht zum Abschluß gekommen. Bei den am Sonnabend durchgeführten Wahlen zum Landesvorstand scheiterten gleich drei Wilhelm-Anhänger am Votum der Parteibasis. Und der düpierte Ex-Parteivorsitzende Bernhard Vogel, der für den Fall seiner Wahlniederlage angekündigt hatte, ein Buch schreiben zu wollen, mischte sich fernmündlich in die Vorstandswahlen ein. So drohte Vogel seinem Innenminister Rudi Geil mit der „Aufkündigung der Freundschaft“, falls sich dieser - den Wünschen Wilhelms entsprechend - zum stellvertretenden Parteivorsitzenden würde wählen lassen. Geil, der „kein Wilhelm-Fan“ ist, ließ sich dennoch wählen „im Interesse der Geschlossenheit der Partei“. Ministerpräsident will Rudi Geil allerdings nicht werden. Auch Heiner Geißler und Bundesumweltminister Klaus Töpfer gaben Wilhelm ebenso einen Korb, wie der amtierende

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Reportage und

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Kommentar auf S. 4

rheinland-pfälzische Finanzminister Carl-Ludwig Wagner.

Für den rheinland-pfälzischen Oppositionsführer Rudolf Scharping (SPD) wurde Vogel „in unanständiger Weise“ von der „Machtclique um Wilhelm“ abgesägt.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Gisela Bill wertete die Wahl Hans-Otto Wilhelms dagegen als „demokratischen Akt“, auch wenn von der CDU unter Wilhelm keine neue politische Neuorientierung zu erwarten sei. Hans-Otto Wilhelm sei bereits als Umweltminister des Landes „schlicht gescheitert“.

CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat am Sonntag den Politikern seiner Partei „mehr Bürgernähe“ als Konsequenz aus der Abwahl des CDU-Landesvorsitzenden Vogel auf dem Landesparteitag am vergangenen Freitag in Koblenz empfohlen.