Dollar sanft absenken, ohne ihn herunterzureden

US-Regierung im Zinskonflikt mit Notenbank / Bush utopisch wie einst Reagan  ■  Von Ulli Kulke

Berlin (taz) Ist Martin Feldstein Berater der neuen US -Regierung oder nicht? Diese Frage entscheidet dieser Tage offenbar darüber, ob der Dollar fällt oder nicht. Mit dem Hinweis, Feldstein sei nicht, wollte am Sonntag jedenfalls Craig Fuller, einer der Leiter der Übergangsmannschaft, mit der der neue Präsident George Bush am 20.Januar sein Amt antreten will, den zur Zeit anstehenden Dollarkursverfall stoppen: „Feldstein berät Bush von Zeit zu Zeit, repräsentiert aber weder die Sichtweise der derzeitigen noch der künftigen Regierung.“ Der Hintergrund: Feldstein hatte noch nach der Wahl bei einem Vortrag vor der Wall Street seine alte Forderung wiederholt, der Dollar müsse gegenüber den wichtigsten anderen Währungen um mindestens 20 Prozent fallen, um eine Gesundung der amerikanischen Außenhandelsbilanz zu ermöglichen. Dies hatte dazu geführt, daß nach der Bush-Wahl der Dollar zwar kurzfristig um rund zwei Pfenning nach oben hüpfte, daraufhin jedoch bis vergangenen Freitag mit 1,7395 Mark auf den niedrigsten Stand seit zehn Monaten fiel.

Die grundsätzlichen Vorhaben, die Bush angekündigt hat, führen jedoch um eine Dollarabwertung nicht herum. Um das angepeilte Wirtschaftswachstum von jährlich 2,6 Prozent bis 1993 aufrechthalten zu können, soll nach Ansicht des neuen Präsidenten das Geld schneller fließen: Das Zinsniveau müsse daher in den USA um zwei Prozentpunkte auf sieben Prozent fallen. Wenn aber das Zinsniveau fällt, fällt auch die erwartete Rendite von Dollaranlagen, mithin auch der Anreiz, sich an den Devisenbörsen Dollar zuzulegen, und dadurch der Dollar selbst. Ein sanft sinkender Dollar würde auch dazu beitragen, das Wirtschaftswachstum im Lande hochzuhalten, so daß davon auszugehen ist, daß Bushs Wirtschaftsmannschaft eine solche Strategie anpeilt und sich jetzt am Wochenende lediglich gegen ein künstliches Herunterreden des Dollarkurses gestellt hat. Das Problem der neuen US -Regierung: Die unabhängige US-Notenbank Fed spielt aufgrund von Inflatonsängsten nicht so ohne weiteres mit: Er hoffe, daß die Regierung Bush „nicht mit der Fed rechnet, um die Zinsen künstlich zu senken“, meinte ein hoher Beamter der Notenbank.

Ohne ein weiteres hohes Wirtschaftswachstum wird Bush jedoch einen ökonomischen Scherbenhaufen produzieren, die Steuereinkünfte - vom Erfolg der Privatunternehmen abhängig

-müssen sich schließlich drastisch erhöhen, ohne daß man die Steuersätze anheben will. Ähnlich wie Reagan zu Beginn seiner Amtszeit hat Bush jüngst recht Utopisches angekündigt: Bis 1992 soll die jährliche Lücke im Bundeshaushalt von 150 Milliarden Dollar (1988) auf Nullkommanull zurückgeführt werden. Die Zeichen der Zeit gehen eher in die andere Richtung. Nachdem im vergangenen Jahr die Reaganomics eine späte Rechtfertigung für ihre Politik darin sahen, daß das Haushaltsdefizit auch mal geringer als im Vorjahr ausfallen konnte, ging's im laufenden Jahr schon wieder aufwärts. Für 1989 sollen es bereits erneut 160 Milliarden sein. Wirtschafts-Prognostiker befürchten zudem, daß Washington gezwungen sein dürfte, einigen Sparkassen mit Finanzspritzen von bis zu 50 Mrd. Dollar unter die Arme zu greifen, um sie vor der drohenden Pleite zu retten.