Schon ab 1995 länger arbeiten

■ Minister Blüm stellte Diskussionsentwurf für die Rentenreform vor / Weniger Geld für früheren Ruhestand / Für DGB „nicht konsensfähig“ / Arbeitgeber zufrieden

Berlin (dpa/ap/taz) -Wenn es nach den Vorstellungen der Regierungskoalition geht, sollen Männer schon ab 1999 und Frauen ab 2004 wieder bis zum 65.Lebensjahr arbeiten und erst dann in Rente gehen. Ab 1995 wird die neue Regelung schrittweise eingeführt.

Noch im September hatte die CDU beschlossen, daß diese Altersgrenze erst im Jahr 2010 wieder erreicht sein sollte und auch dann nur, wenn sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt habe. So werden bundesdeutsche ArbeitnehmerInnen künftig nicht nur länger arbeiten müssen und danach weniger lang Rente beziehen - diesen Teil der Rentenreform will die Koalition auch zehn Jahre früher verwirklichen als die CDU. Wer früher in den Ruhestand will, erhält deutlich weniger Geld.

Diese Pläne gehen aus dem „Diskussions- und Referenten -Entwurf“ zur Rentenreform hervor, den Arbeitsminister Blüm gestern vorstellte. Der Schwerpunkt liegt dabei auf „Diskussion“: Auf der Grundlage dieses Entwurfs will sich die Regierung mit der SPD, den Rentenversicherungsträgern, den Arbeitgebern und Gewerkschaften darüber einigen, wie die Renten billiger gemacht werden können.

Neben der Verlängerung der Lebensarbeitszeit sind auch Anreize für die Kindererziehung und eine Bestrafung langer Ausbildungszeiten geplant. Ein zweites und drittes Kindererziehungsjahr soll als Ausfallzeit die Rente erhöhen und zum Zuwachs für den sozialversicherungspflichtigen Nachwuchs beitragen. Für die Ausbildung werden nur noch maximal sieben Jahre (bisher: zwölf) anerkannt, und auch nicht mehr mit 90 Prozent des späteren Durchschnittsverdienstes, sondern nur noch mit 75 Prozent.

Vor Inkrafttreten der Reform soll der Bund insgesamt rund sieben Milliarden Mark an die Rentenversicherungsträger überweisen. Danach wird der Bundeszuschuß entsprechend dem Anstieg der Brutto-Verdienste und der Beiträge erhöht. Anders als bislang noch gesetzlich vorgesehen, wird der Beitragssatz auch nicht von jetzt 18,7 auf 18,5 Prozent gesenkt, sondern bis zum Jahr 2010 auf 21 Prozent erhöht.

Der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler forderte, die Altersgrenzen nicht zu erhöhen, solange Massenarbeitslosigkeit herrscht. Der stellvertretende DGB -Chef Gerd Muhr bezeichnete die Blüm-Vorschläge als „nicht konsensfähig“ und forderte vor allem Nachbesserungen beim Bundeszuschuß, bei der Altersgrenze und den Ausfallzeiten. Für die Arbeitgeberverbände ist der Blüm-Entwurf hingegen eine „tragfähige Diskussionsgrundlage“.

diba