Shamir bildet Regierung

■ Der israelische Staatspräsident Herzog beauftragte gestern Shamir mit Regierungsbildung / 21 Tage Zeit / Gerangel um Posten geht jetzt erst richtig los

Jerusalem (afp/ap/taz) - Das Gerangel um die Bildung einer israelischen Regierung ist in eine neue Phase getreten. Am Montag beauftragte Präsident Chaim Herzog Ministerpräsident Jitzhak Shamir, der zugleich Führer des nationalistischen Likud-Blocks ist, mit der Regierungsbildung. Shamir nahm den Auftrag sofort an. Herzog begründete die Nominierung Shamirs mit den Mehrheitsverhältnissen im Parlament, ließ aber keinen Zweifel daran, daß er an seinem Wunsch nach einer Neuauflage der großen Koalition aus Likud-Block und Arbeiterpartei festhält. Die Führung der Arbeiterpartei ist in dieser Frage gespalten. Der Nominierung Shamirs war die Entscheidung der religiösen Parteien Shas und Agudat Israel vorausgegangen, ihre Stimme für den Likud-Block in die Waagschale zu werfen. Die Nationalreligiöse Partei hatte sich bereits zuvor für eine rechte Koalitionsregierung ausgesprochen. Mit Unterstützung der orthodoxen und ultrarechten Parteien verfügt Shamir über 63 der 120 Sitze, die Arbeiterpartei kommt zusammen mit den linken Gruppen auf 55 Mandate, während sich die ebenfalls orthodoxe Partei Degel Hatorah (2 Sitze) zunächst keinem der beiden Blöcke anschloß. Shamir hat jetzt 21 Tage Zeit, eine Regierung zu bilden, die in dem am 1.November neu gewählten Parlament mehrheitsfähig ist. Im Bedarfsfalle kann der Präsident sein Mandat nochmals um drei Wochen verlängern. Auch nach dem Votum von Shas und Agudat Israel ist das Feilschen um eine neue Regierung keineswegs beendet, denn noch müssen die Kabinettsposten verteilt werden, um die die Religiösen untereinander, aber auch die verschiedenen Wortführer des Likud-Blocks konkurrieren. Außerdem herrscht Unzufriedenheit über die den Religiösen gemachten Konzessionen.

Shamir hatte Shas (6 Sitze) und Agudat Israel (5 Sitze) am Freitag Zusagen gemacht. So versprach er, das „Rückkehr -Gesetz“, das allen Personen mit jüdischen Müttern sowie allen zum jüdischen Glauben konvertierten automatisch die israelische Staatsbürgerschaft zuerkennt, innerhalb der ersten drei Monate nach der Regierungsbildung zu ändern. Die orthodoxen religiösen Parteien fordern, daß künftig nur noch das von ihnen kontrollierte Große Rabbinat von Israel über die Gültigkeit eines Glaubensübertritts entscheiden kann. Damit wären sämtliche von Reformrabbinern vollzogene Übertritte ungültig, ein Umstand, der vor allem in der Fortsetzung Seite 2

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jüdischen Gemeinde in den USA auf Ablehnung gestoßen war.

Gleichzeitig hat Shamir den Religiösen wichtige Regierungsposten versprochen. Die Shas soll das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten sowie das Innen- und Bauministerium erhalten, die Nationalreligiöse Partei die Ministerien für Erziehung und Religion. Agudat Israel, die aus ideologischen Gründen keine Regierungsposten akzeptiert, wurden wichtige Ämter in der Verwaltung zugesichert.

Ariel Sharon, der eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen spielte, wird sich nun um so mehr Hoffnungen auf den Posten des Verteidigungsministers machen. Doch seine unrühmliche Rolle während des Libanon-Krieges und den falangistischen Massakern in den Palästinenserlagern Sabra und Chatila sind auch in seiner eigenen Partei keineswegs in Vergessenheit geraten.

bs