1 Milliarde mehr!

■ Trotz rigider Sparmaßnahmen steigt Kreditaufnahme um unerwartete Milliarde / Mehr Personal für Kindertagesheime

Bremens Regierender ist eben doch Kaufmann von Beruf. Während sich am Dienstag alle drei Oppositionsparteien mit hektisch anberaumten Pressekonferenzen zum Bürgermeistersturz bzw. zum mangelndem Reformeifer des Senats überschlugen, rechnete Bürgermeister Klaus Wedemeier der Presse die bremischen Finanzen vor.

Die Finanzplanung der SenatorInnen, die aus dem Jahr 1986 stammt und bis zum Jahr 1995 reicht, korrigierte er um fast 1 Milliarde Mark nach unten. In 1995 müssen für 1,4 Milliarden Mark neue Kredite aufgenommen und für 1,2 Milliarden Mark Zinsen bezahlt werden. Diese neu errechnete Neuverschuldung liegt damit um 938,4 Millionen über der von 1986.

Diese knappe Milliarde zusätzlichen Finanzbedarfs begründete Wedemeier mit den rapide ansteigenden Sozialhilfekosten („drohen uns zu erdrosseln“), mit millionenschweren Nachteilen Bremens durch die Steuerreform sowie mit ansteigenden Zinslasten. Um aus dieser Misere herauszukommen, zeigte er vier Wege auf: Erstens eine erneute Klage Bremens vor dem Verfassungsgericht, um einen veränderten Länderfinanzausgleich zu erreichen (bringt bestenfalls ein Plus von 350 Millionen jährlich). Zweitens eine erneute Initiative der verarmten Bundesländer, um eine Umverteilung der Sozialhilfelasten zu erreichen. Drittens Verhandlungen, die auf eine gezielte finanzielle Entlastung der Stadt

staaten (z.B. beim Wohngeld) hinauslaufen - „wenn die Stadtstaaten überhaupt noch gewollt sind“. Als vierten Weg deutete Wedemeier einen Bonner Wahlsieg der SPD an, die mit bundesrepublikanischen Armenhäusern wie Bremen eventuell gnädiger verfahre.

Im Gegensatz zu den pessimistischen Aussichten für 1995 zeigte Wedemeier sich angetan von den Zahlen für 1988/89. Er hielt dem Senat einen „Konsolidierungserfolg“ von 550 Mio. Mark zugute: 350 Mio. Mark Mehreinnahmen aus dem verbesserten Finanzausgleich sowie 200 Mio. Mark Minderausgaben aufgrund verringerter Personalkosten (in den Jahren 1981-89). Angetan zeigte sich Wedemeier auch davon, daß die Wirtschaft in Bremen wieder wachse - 4.000 Arbeitsplätze seit 1985.

Als Reaktion auf den bescheidenen Tarifabschluß der ÖTV sollten 1.300 BremerInnen zusätzlich eingestellt werden. Dies bedeute jedoch nicht, daß im gleichen Umfang neue Stellen geschaffen würden, sondern, daß bereits eingesparte Stellen anders besetzt würden. Mehr Personal hat die Polizei zu erwarten, mehr Personal soll es auch in den Kindertagesheimen geben, damit 1.000 Kinder weniger „draußen“ bleiben müssen. SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner nannte gegenüber Radio Bremen noch zwei aufstrebende Personalbereiche: Die Breitenkultur auf Stadtteilebene sowie die Sozialhilfeabteilungen der Behörden.

B.D.