Präsident Fricke unter Beschuß

■ Erst vor einem Monat vereinbarten Linke und Rechte an der Technischen Universität, Präsident Fricke gemeinsam wiederzuwählen - doch die große Koalition zeigt Risse

Kaum ist sie unter Dach und Fach, ist sie schon vom Einsturz bedroht: In der TU hat hinter den Kulissen ein Tauziehen um die große Koalition eingesetzt. Konservative, Liberale und Reformfraktion hatten den amtierenden Präsidenten Fricke im Oktober für die nächste Präsidentschaftswahl nominiert (taz berichtete). Ob das Konzil ihm am 7.Dezember wie vereinbart wählen wird, ist aber noch keineswegs sicher.

Frickes Verhalten seit seiner Nominierung veranlaßte die TU -Reformfraktion in der letzten Woche, eine Krisensitzung abzuhalten. Am Ende wurde dem Präsidenten ein Brief geschickt, in dem er dem Vernehmen nach aufgefordert wird, sich an Geist und Inhalt der Koalitionsvereinbarungen zu halten.Die Reformfraktion ist verärgert darüber, daß Fricke die Fortführung der Projektwerkstätten in Gefahr gebracht hat. Fricke hat es versäumt, rechtzeitig Mittel für die dafür benötigten Tutoren bereitzustellen. Mit der Absicherung der Projektwerkstätten steht und fällt aber für die Reformfraktion die Koalition.

Verärgert sind überdies die sonstigen Mitarbeiter über Anhörungen, die Fricke zur Zeit wegen des sogenannten Bauskandals bei TU-Beamten durchführt. Fricke wird vorgeworfen, nicht wie vorgeschrieben den Personalrat informiert und die verhörten Mitarbeiter nicht über ihr Aussageverweigerungsrecht aufgeklärt zu haben. Nach den jüngsten Erfahrungen mit Fricke fürchten die ohnehin skeptischen sonstigen Mitarbeiter in der Reformfraktion, daß sich Fricke nach der Wahl nicht an die Koalitionsvereinbarungen halten wird. Ist er gewählt, kann er nicht mehr gestürzt werden.

Unter Druck gerät Fricke immer mehr auch durch seine eigene Fraktion. Die Traditionalisten unter den konservativen Hochschullehrern haben zum Rollback angesetzt, so daß der Verhandlungsführer bei den Koalitionsgesprächen, Professor Winje, zunehmend isoliert dasteht. Die Traditionalisten hatten von Anfang an nur widerwillig die Koalition mitgetragen.

In der Reformfraktion fürchtet man nun, daß sie den Druck auf Fricke so verschärfen, daß Fricke zu einer Brüskierung der Reformfraktion gezwungen wird - bis diese von sich aus die Koalition aufkündigen muß.

wist