Versicherungsfreistil für Ausländer

■ Wegen angeblich höherer Schadensquoten nehmen etliche Haftpflichtversicherungen in Berlin Ausländer nicht oder nur unter Sonderbedingungen auf / Versicherer machen sich Gesetzeslücke zunutze / DAS: Verträge mit Ausländern „streng untersagt“

Wer Türke, Grieche oder Jugoslawe ist und sein Auto haftpflichtversichern will, hat schlechte Karten. Trotz eines BGH-Urteils vom vergangenen Mai, wonach es für Ausländer keine Sonderbedingungen geben darf, sträubt sich die Mehrheit der Haftpflichtversicherungen, Ausländer aufzunehmen; angeblich weil sie eine höhere Schadensquote haben. Das Bundesaufsichtsamt für Versicherungen prüft derzeit über 30 im September ergangene Kündigungen der „Baseler“.

Ein Großteil dieser Versicherten ist über zwölf Jahre schadenfrei gefahren. Der DAS (Deutscher Automobil Schutz) hat in einem internen Schreiben seine Mitarbeiter darauf hingewiesen, daß es „streng untersagt“ sei, Verträge mit Türken, Griechen oder Jugoslawen abzuschließen. In einer Telefonaktion haben drei Berliner Türken 63 Versicherungen um Aufnahmeformulare gebeten. Das Ergebnis: 33 Versicherungen lehnten die Aufnahme ab; 27 stimmten zu, nannten aber Sonderbedingungen, zum Beispiel, daß die volle Jahresprämie im voraus bezahlt werden muß. Nur drei Versicherungen waren ohne Wenn und Aber bereit, Ausländer zu denselben Konditionen zu versichern wie Deutsche: „DBV & Partner“, „DEKV“ (Eisenbahn) und „Kravag“.

Zur Information: Versicherungen unterstehen bei Haftpflichtversicherungen einem gesetzlich festgelegten Versicherungszwang. Wenn sie sich daran nicht halten, gibt es zwei Möglichkeiten: eine Beschwerde beim Bundesaufsichtsamt für Versicherungen oder aber eine Klage. Das Bundesaufsichtsamt ist befugt, die Aufnahme zu erzwingen und Bußgelder zu erheben, wenn nicht gar, der Versicherung die Lizenz zu entziehen. Oftmals ist es jedoch schwer, die ausländerfeindliche Motivation der Versicherung konkret zu belegen. Der Prokurist der „Baseler“, Kumor, sagt, daß sich die Kündigungen nicht gezielt gegen Ausländer gerichtet hätten, sondern gegen solche Agenten, die mit Vorliebe Kunden mit „hohen Risiken“ versicherten. Dabei sei es zufällig, daß bei Agenten des „vagabundierenden Geschäfts“ 50 Prozent der Kunden ausländischer Herkunft seien.

Die Versicherungen machen sich darüber hinaus eine Gesetzeslücke zunutze. Tatsächlich dürfen sie bei Beachtung der Fristen das Verhältnis jederzeit kündigen. Die Gekündigten können sich jedoch aufgrund des bestehenden Versicherungszwangs jederzeit wiederversichern lassen. Sie brauchen nur den Antrag zu fordern und sich auf keine weiteren Diskussionen einzulassen. Das aber wissen die meisten nicht. Viele gehen der ausländerfeindlichen Abschreckungspolitik auf den Leim und irren von Versicherung zu Versicherung. Scheinheilig sagt Kumor von der „Baseler“: „Wenn die Ausländer darauf bestehen, wiederversichert zu werden, dann werden wir ihrem Wunsch selbstverständlich entsprechen.“

Elisa Klapheck