Umweltbewußte Unternehmer gehen neue Wege

„future“, eine Umweltinitiative von ca. 100 Unternehmern / Innovative Betriebspolitik führt zu drastischen Umweltentlastungen bei verkraftbaren Kosten  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

„Ich möchte verhindern, daß meine Mitarbeiter gesengten Hauptes durch die Stadt laufen, nur weil sie in einem Chemiewerk arbeiten.“ Das, so sagt Rainer Follmann, Farben und Lackfabrikant aus Minden, sei ein Motiv für ihn gewesen, im Umweltschutz mehr zu tun, als der Gesetzgeber verlangt. Handfeste ökonomische Überlegungen kamen hinzu. Heute weiß Follmann, in dessen 1977 gegründeten Betrieb inzwischen 140 Leute arbeiten, daß „sich die Aktivitäten in diesem Bereich auch bezahlt gemacht haben“. Zwar hat der junge Unternehmer

-„ich bin kein Öko-Freak - zum Beispiel durch den völligen Verzicht auf den Einsatz von chlorierten Kohlenwasserstoffen Absatz eingebüßt, aber „an Glaubwürdigkeit gewonnen“. Und daran liegt immer mehr Kunden. Deshalb schlägt sich der freiwillige Bau eines Auffangbeckens für Löschwasser, die Errichtung einer zusätzlichen Kläranlage oder der Einsatz von Bio-Filtern, der zu erheblichen Emissionsverringerungen bei gleichzeitig geringeren Folgekosten führen kann, eben nicht nur auf der Kostenseite nieder. Die Marketingabteilung macht daraus Verkaufsargumente. Es kommt zu Imageverbesserungen bei Kunden und Motivationsgewinnen bei Mitarbeitern.

„Ökologie und Ökonomie verbinden, denn das ökologisch Richtige ist langfristig auch ökonomisch richtig“, so lautet denn auch das Credo der etwa 100 Unternehmer und Führungskräfte, die sich in dem Verein „future - Mit der Natur erfolgreich sein“ zusammengeschlossen haben. Klaus Günther, Hersteller von Verpackungsmaterialien und Chef von 2.000 Mitarbeitern, ist Vorsitzender des 1986 gegründeten Vereins. Rainer Follmann gehört dem Vorstand an. Beide referierten am Montag dieser Woche beim „future-Forum“, Thema: „Von der Öko-Bilanz zum Öko-Controlling“ in Düsseldorf. „future„-Unternehmer gehen davon aus, daß die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zur Lösung der Umweltkrise nicht mehr ausreicht. Mit Forderungen an Parteien und Staat - und das ist das Neue - begnügen sich die „future„-Unternehmer nicht. Sie beginnen im eigenen Betrieb. Angefangen mit der Umrüstung des eigenen Fuhrparks werden alle betrieblichen Prozesse und Produkte nach umweltverträglicheren Lösungen abgeklopft. Dabei kommt es zu frappierenden Ergebnissen. So haben Günthers Ingenieure und Techniker inzwischen Verfahren entwickelt, die es in seinem Betrieb erlauben, die Genzwerte der TA-luft erheblich zu unterschreiten. Bei C02 um 98,5%, bei den Stickoxyden um 96,5%!

Die sind auch im Berech des Rechnungswesens zu hören. Zur Zeit arbeitet das Berliner „Institut für ökologische Wirtschaftsförderung“ (IÖW) im Auftrag von „future“ und mit Unterstützung der Düsseldorfer SPD-Regierung daran, dem klassischen Zahlenwerk eine betriebliche „Ökobilanz“ zuzufügen. In einer „Input-Output-Bilanz“ werden die in den Betrieb eingehenen Stoffe und Energien und die ausgehenen Produkte und Emissionen dargestellt. Ergänzt um Prozeßbilanzen, die einen Einblick über die betrieblichen Abläufe liefern, und Produktbilanzen (Lebensweg der Produkte unter Umweltaspekten) hofft man mit diesem Datenwerk zu einem betrieblichen Öko-Controlling zu kommen. Bisher gibt es lediglich ein kleines Pilotprojekt.

Wer ökologische Signale setzen will, braucht auf entsprechende Datenvereinbarungsprogramme nicht zu warten. Die Unternehmensgruppe „Tengelmann“, die mit 13 Milliarden Mark Jahresinlandsumsatz zu den Riesen der Branche gehört, hat das stets getan. „Tengelmann“, wegen seiner Größe eher untypisch für „future“, begann 1964 mit bleifreiem Benzin auf firmeneigenen Tankstellen, schmiß später die Schildkrötensuppen aus den Regalen und verkauft schon seit 1987 nur noch phosphatfreies Waschmittel, unter inkaufnahme von Umsatzeinbußen, wie der Tengelmann-Mitarbeiter Hans Bremme berichtete. Seit dem 1.7. 88 hat Tengelmann ein fluorchlorkohlenwasserstoffreies Sortiment. 500.000 Mark kostete die Auslistung der ozonkillenden Sprühdosen. Sollte Coca-Cola endgültig auf nicht wiederauffüllbare Plastikflaschen umsteigen, flöge die Edelmarke, so Bremme, ebenfalls im nächsten Jahr aus den Regalen. Ob das gegenüber den Cola-Süchtigen durchzuhalten wäre? Ihnen kann man wohl auch nicht mit dem Spruch kommen, den „future„-Unternehmer Rainer Follmann an den Anfang seines Referates setzte: „Wer die Umweltprobleme nicht ernst nimmt, ist selbst eins.“