Seeleute-Hungerstreik abgebrochen

Die Seebetriebsräte brachen ihren Hungerstreik gegen das „Zweite Schiffsregister“ nach elf Tagen aus Gesundheitsgründen ab / Die Hauptziele wurden erreicht: „mehr Öffentlichkeit als durch andere Mittel“  ■  Aus Hamburg Kai von Appen

Nach elf Tagen haben die 20 Seebetriebsräte der großen bundesdeutschen Reedereien ihren Hungerstreik gegen die geplante Einführung eines „Zweiten Schiffsregisters“ abgebrochen. Ein Sprecher der Seebetriebsräte begründete gegenüber der taz die Beendigung mit den sich zuspitzenden gesundheitlichen Risiken für die Beteiligten. „Es war immer klar, daß die Kollegen keine gesundheitlichen Schäden davontragen sollen“, heißt es in einer Erklärung der Seebetriebsräte. „Bei einigen Beteiligten ist der Punkt gekommen, wo Kreislaufprobleme aufgetreten sind.“

Nach Auffassung der Betriebsräte seien die wesentlichen Ziele des Hungerstreiks in allen norddeutschen Küstenstädten dennoch erreicht worden: „Eine breite Öffentlichkeit in der ganzen Republik hat von der Notlage erfahren, in der wir Seeleute uns befinden. Dies ist uns in den vorangegangenen acht Monaten weder durch Gespräche, Briefe, Flugblätter noch durch Veranstaltungen, Aktionen oder Demonstrationen gelungen.“

Die Seebetriebsräte stellten befriedigt fest, es habe eine unerwartet hohe Zahl von Solidaritätsbekundungen gegegeben, in denen die Gesetzesinitiative der Bonner Koalitionspartner zur Einführung des „Zweiten Schiffsregisters“ als zutiefst unsozial, rassistisch und verfassungswidrig eingestuft wurde. Nach den Plänen der Bonner Regierung soll es den Reedern durch dieses „Billigflaggenregister“ ermöglicht werden, statt der 15.000 deutschen Seeleute künftig ausländische Arbeitskräfte zu Lohnbedingungen anzuheuern, wie sie in deren Heimatländern üblich sind.

Die Seeleute und die Gewerkschaften wollen weiter gegen das Gesetz mobil machen. In den kommenden Wochen werden die Seeleute „auf große Fahrt“ gehen und in 54 bundesdeutschen Städten an Protestveranstaltungen teilnehmen. Ferner wird für Dezember eine norddeutsche Großaktion geplant, bei der es auch zu Schiffsblockaden von Billigflaggenpötten kommen könnte.