Pakistan: Sternstunde für Benazir Bhutto

■ Pakistan Peoples Party siegt in sämtlichen Provinzen / 92 von 207 Parlamentssitzen für die PPP / Benazir Bhutto will Regierungs- mannschaftaufstellen / Pakistaner erteilen dem Geist Zias eine Absage / Miserables Ergebnis für Islamische Demokratische Allianz

Lahore/Berlin (ap/afp/taz) - Bei den ersten freien Parlamentswahlen in Pakistan seit elf Jahren gibt es einen eindeutigen Sieger: Die Pakistan Peoples Party (PPP) mit Benazir Bhutto an der Spitze. Sie gewann 92 der 207 zur Wahl stehenden Sitze. Ihre größte Konkurrentin, die Islamische Demokratische Allianz (IDA), schnitt nach bisherigen Auszählungsergebnissen mit 54 Sitzen überraschend miserabel ab. Damit haben Pakistans Wähler ein eindeutiges Votum für die Säkularisierung des islamischen Staates abgegeben. Benazir Bhutto hat gestern den Interimspräsidenten Ghulam Ishaq Khan aufgefordert, sie nach dem Sieg ihrer Volkspartei mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

In sämtlichen vier Provinzen Pakistans trug die PPP den Sieg davon und kann - durch eine Koaliton mit Gruppierungen, die sie bereits in der Bewegung zur Wiederherstellung der Demokratie unterstützt haben - auch im Parlament auf eine Mehrheit rechnen. Den Gefolgsleuten des im August bei einem Flugzeugabsturz umgekommenen Staatschef Zia-ul-Haq wurde damit ein Denkzettel verpaßt. Weder der im Mai von Präsident Zia entlassene Premierminister und Großgrundbesitzer Mohammed Khan Junejo konnte sich in seinem Wahlkreis durchsetzen noch Ghulam Mustafa Jatoi. Beide bewarben sich als potentielle Konkurrenten von Benazir Bhutto um das Amt des Premierministers. Jatoi hatte zwar jahrelang Bhuttos Volkspartei als Generalsekretär geführt, sich aber 1986, nach Benazirs Rückkehr aus dem Londoner Exil, mit der Parteichefin überworfen. Er gründete eine eigene Nationale Volkspartei und schloß sich den religiösen Rechtskräften unter dem Bündnis der IDA an. Solch ein Wechsel der Fronten ist nicht ungewöhnlich - und nicht immer spielen politische Motive dabei eine Rolle.

Dem geschaßten Premier Junejo sagt man nach, er hätte seine Muslim League mit der Vergabe von Waffenlizenzen aufgebaut, die einflußreiche Parteimänner zu horrenden Summen weiterverkauft hätten. Auch die PPP hat in letzter Minute vor der Wahl Rückhalt bei Militär und Großkapital gesucht. Viele einflußreiche Pirs Landlords und Khans wurden bei der Nominierung der Kandidaten bedacht - unabhängig davon, Fortsetzung Seite 2

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