KRANKENHIERARCHIEN

■ Die Tragikomödie „Vision“ im Theater in der Fabrik Osloer Straße

Es ist gar nicht einmal ungeschickt, wie man als Publikum von den Theaterleuten als Mitwirkende beim Eintritt in das Theater benutzt wird, mimt doch ein hinlänglich bekanntes aufdringliches Fernsehteam die Masse, um sich die Hauptakteure aus der Masse herauszupicken.

Und haben alle Platz genommen, wird aus dem Spiel insofern Ernst, als daß sich die bekannten Persönlichkeiten in zwangseingewiesene Patienten verwandeln, die im folgenden durch Ärzte, eine Schwester und ein Fernsehteam malträtiert werden.

Es sind die klaren Klischees von unmenschlichen Praktiken in psychiatrischen Kliniken, die ihre Patienten in Versuchskaninchen pharmakologischer Experimente verwandeln. Es sind die Klischees von Abhängigkeiten des Personals, es sind die Konflikte unter den PatientInnen und darüber gestülpt noch die Herrschaft der elektronischen Medien, in denen der Regisseur zum Büttel des Fernsehspieldirektors verkommt.

Und wenn man dann noch angeboten bekommt, daß die Mediziner auch noch mit Hokuspokus arbeiten, möchte man sein Weltbild an der Garderobe einwechseln und alle Versuche zu differenzieren ins tiefste Unterbewußtsein verschließen, weil man die Welt nur noch in gut und böse sehen und ertragen kann, denn ein einfaches Weltbild liefert klare Verhältnisse und Feindbilder.

Und so gewappnet, ist die Moral der einfachen Geschicht‘, zerschlagt die Medizin und mit ihr gleich die Medien, die aus selbstbewußten, unangepaßten Menschen doch nur Marionetten machen wollen. Abgesehen von den unerträglichen Vereinfachungen des Stückes, das der polnische Regisseur und Autor zusammen mit zehn Schauspielschülern in 18 Monaten erarbeitet hat, um Schauspieltechniken von Theater und Film zusammenzubringen, stellt man immerhin fest, daß diese ihre Rollen innerhalb der vorgegebenen Klischees beherrschen, daß sie in der Lage sind, die Rollen um ihres Vorteils willen zu wechseln, daß sie Unterwürfigkeit und Despotismus beherrschen, daß sie eine schwachsinnig gemachte Kranke verkörpern können und in dem ganzen Stück, das inszeniert ist als Sequenzen eines Films, die Entwicklung der Charaktere sicher ausführen.

Wie sagt man aber doch so schön: Operation gelungen, Patient tot. Sollen sie sich doch ein vernünftiges Stück suchen

Qpferdach

„Vision“ in der Fabrik Osloer Straße 12, heute und morgen um 20.30 Uhr.