Aus Angst Nägel geschluckt

■ Wieder Suizidversuch eines Libanesen im Abschiebeknast / Vier Landsleute aus Solidarität und aus Protest gegen die eigene Abschiebung im Hungerstreik

Offenbar aus Angst vor der bevorstehenden Abschiebung in sein Heimatland hat gestern vormittag der 24jährige libanesische Häftling Nassar B. versucht, sich das Leben zu nehmen.

Nach Informationen der für die politische Arbeit mit Flüchtlingen zuständigen AL-Mitarbeiterin Ines Sprenger schluckte Nassar B. kurz vor seinem Hofgang im Tiergartener Abschiebeknast Kruppstraße in Selbsttötungsabsicht vier Drahtstifte. Während des Hofgangs kletterte der Häftling dann auf einen Baum. Erst nach 20 Minuten und nachdem ihm zugesichert worden war, sofort zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht zu werden, stieg der Libanese über eine von der Feuerwehr ausgefahrene Drehleiter wieder von dem Baum herunter.

Unmittelbar darauf traten die vier Zellengenossen des 24jährigen, gleichfalls Libanesen, aus Protest gegen die auch ihnen drohende Abschiebung in einen befristeten Hungerstreik. Wie vom Sprecher der Innenverwaltung, Birkenbeul, zu erfahren war, wollten einige der Libanesen, die wie Nassar B. in Moabit Haftstrafen abgesessen haben, in andere als ihre Heimatländer, zum Beispiel nach Dänemark, ausgewiesen werden.

Obwohl Nassar B., der insgesamt viermal wegen Rauschgifthandels in Moabit inhaftiert war, nach Auskunft der Innenverwaltung Teile einer Drahthaarbürste schluckte, stritt Birkenbeul dennoch einen ernsthaften Suizidversuch ab. Dafür, daß es vielmehr ein auf „Außenwirkung und Showcharakter abgestelltes Unternehmen“ sei, spreche, daß die Libanesen vorher verschiedene Zeitungen, unter anderem auch die taz, benachrichtigt hätten.

Derzeit befinden sich 44 Häftlinge zur Abschiebung in dem Polizeigewahrsam Kruppstraße. Sofern eine Rückführung in Kriegs- und Krisengebiete geplant ist, forderte Frau Sprenger für diese gestern erneut mit Nachdruck einen sofortigen Abschiebestopp.

thok