URLAUBSEUPHORIE

■ Das Tourismusgeschäft läuft und läuft und...

Ob Single-Treff im Schnee mit anschließendem geselligen Abend in der Florida-Bar, Pensionärslanglauf oder Frauenskifahren, die neue Wintersaison lockt mit lukrativen Angeboten der Sonderklasse Animation. Für jeden Geschmack etwas, und das Geschäft läuft. „Zufriedenheit und Optimismus“ hinterläßt denn auch die Saison '88 bei den Ferienfabrikanten wie dem Reiseriesen Touristic Union Internation (TUI) und dem zweitgrößten Veranstalter NUR Touristic GmbH: Bei gut 20 Millionen Veranstalterreisen verzeichnet die Reisebranche ein Plus von 7,9 Prozent. Zwar ist die Bundesrepublik kein Urlaubsland, ausgenommen Bayern, wo es immer noch die meisten bundesdeutschen Urlauber hinzieht, dafür ein Reiseland.

Um die wirtschaftliche Bedeutung seines Gewerbes zu untermauern, legte der Deutsche Reisebüro Verband (DRV) der 2.450 Reiseveranstalter, Reisebüros und Fremdenverkehrsverbände sowie Flug- und Hotelgesellschaften vertritt - erstmals Ergebnisse einer mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums erstellten wissenschaftlichen Untersuchung vor. Danach hat der Tourismus in der Bundesrepublik mit 69 Milliarden Mark rund 4,6 Prozent Anteil vom Volkseinkommen. Die tourismusbedingten Einnahmen liegen über denen der Landwirtschaft.

1,6 Millionen Arbeitsplätze im Inland und etwa 400.000 Vollarbeitsplätze im Ausland hängen der Untersuchung zufolge direkt oder indirekt vom Reisesektor ab. Damit sei der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig, mehr als „die bloße Addition von Ferien- und Privatvergnügen der Bundesbürger“, so DRV-Präsident Otto Schneider. Weltweit nimmt die Tourismusindustrie nach Erdöl und der Automobilbranche den dritten Platz ein.

Um den Strom der Reisenden ungestört fließen zu lassen, forderte der DRV-Präsident angesichts „moderner, lärmreduzierter Flugzeuge“ eine Lockerung oder gar völlige Aufhebung des Nachtflugverbots auf bundesdeutschen Verkehrsflughäfen. Offenbar ganz im Interesse seiner Lobby: Je unfreundlicher und stressiger die heimatlichen Gefielde, desto größer der Drang in die Ferne. Öl und Touristen

Und an diesem Reisedrang sind Reiseunternehmer genauso interessiert wie die bereisten Länder, die die touristischen Devisen fest in ihre Volkswirtschaft einplanen. Selbst die arabischen Emirate haben den Tourismus als neue Einkommensquelle entdeckt, offenbar in dem Bemühen, ihre Wirtschaft zu diversifizieren. Leere Traumstrände, Wüsten für Abenteuersafaris, Hotels für gehobene Ansprüche und nicht zuletzt das milde und beständige Klima sollen die Urlauber der höheren Einkommensklasse anlocken. „Wir erwarten viermal so viele Touristen wie in den vergangen Jahren“, erklärt Said Abdallah Ali al-Saad, stellvertretender Leiter des nationalen Hotelverbands von Abu Dhabi. Im September hatte er Delegationen nach Frankfurt und Zürich gesandt, um für das neue „Ferienparadies“ an der südlichen Golfküste zu werben. Mit Erfolg, wie er versichert: 12.000 Hotelplätze seien bereits für die diesjährige Saison von November bis April gebucht.

Dubais Erfolg ist auf einen Nebeneffekt des Golfkrieges zurückzuführen: Zahlreiche Journalisten, die 1987 als Beobachter des iranisch-irakischen Tankerkrieges in Dubais Hotels abgestiegen waren, nutzten den Leerlauf und die Feuerpausen, um in Reisereportagen das traditionelle Handelszentrum der arabischen Region anzupreisen. Vom Ende des Golfkrieges erhoffen sich die Golfanrainer weiteren Auftrieb für die neu entdeckte Tourismusbranche. Lediglich Saudi-Arabien will sich nicht an dem Boom beteiligen. Seine Grenzen bleiben weiterhin dicht, während neben dem VAE inzwischen auch das Sultanat Oman vereinfachte Einreisebestimmungen eingeführt hat.

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