Auf Erfolgskursus: 5.Folge

Für taz-LeserInnen öffnet sich die Tür in die Welt von Glamour und Mode. Nicht was Sie denken! Die neue Mannequin-, Dressman- und Fotomodellschule „Synthese“ in der Neuköllner Leinestraße weckt mit alternativen Elementen die Euphorie zum Erfolg. Connie Kolb ist immer noch dabei.

Meine fünf MitschülerInnen, die aus den tiefsten Winkeln West-Berlins nach Neukölln einreisen müssen, sind leicht säuerlich, daß manche Stunden unangemeldet ausfallen - wie auch am letzten Samstag. Als wir vergeblich auf unseren Pantomimelehrer warten, erinnern wir uns an einen zu Beginn des Kurses überreichten Brief von der Schulleitung, der uns zu Pünktlichkeit und Motivation anhielt - und jetzt sowas. Zwar sind die Stunden bis jetzt immer nachgeholt worden, aber niemand hat so richtig Lust, einen Abend vier bis fünf Stunden, anstatt normalerweise drei, mit Laufen und Tanzen zu verbringen. Mir fällt nochmal die Doppelstunde mit Fotograf Christian ein. Ein aufgeschlossener Mensch aus Ost -Berlin, der von Gott und der Welt, der Kunst und sich selbst erzählt. Während die meisten glauben, er bringe ihnen jetzt die gängigsten Posen bei, will Christian vorab wissen, ob wir exhibitionistische Ambitionen haben, das heißt es genießen, der Mittelpunkt zu sein. Böse Kindheitserlebnisse kommen mir hoch. Erst danach enttäuscht er mit der Feststellung, niemand könne einen Typ darstellen, dessen er sich nicht selbst bewußt ist. Mit eindringlichem Blick schaut er uns zwei Frauen an und greift das „Rollenverhalten“ - zwischen Fotograf (Mann) und Modell (Frau) auf. Wie rettet frau sich aus einem Fototermin für erotische Unterwäsche vor einem unangenehm aufgegeilten Knipser? Entweder man geht gleich, um seine Würde zu behalten, meint Christian, oder man fährt während des Posierens auf sich selbst ab - dann verläßt man das Studio mit einem guten statt mit einem Ekel-Gefühl. Aber letztendlich hat jeder die Wahl, Karriere auch durch Sex zu erreichen. Zermürbter Blick bei den Männern: Warum gibt es eigentlich noch so wenige Fotografinnen?

Gruppendynamiker Marvin griff davor schon am Montag für die Treppe nach oben ganz anders ein: Mit einem lakonischen „da es sich bei euch um ausgeprägte Individualisten handelt, soll jeder erstmal für sich offener werden, bevor wir als Gruppe weitermachen“, hinterläßt er uns in einem abgedunkelten Raum mit dem Hören einer Subliminal-Kassette zum Thema: „Kontaktfreudiger werden“.

Donnerstags verlangt Laufstegdozent Stefan nach all dem Drehen und Wenden auch noch das richtige Präsentieren eines Kleidungsstücks und wie man sich dessen auf offener Bühne mit Stil entledigt. Nachdem jeder seine Straßenjacke zum Haute Couture entfremdet hat, wird die Geschichte nacheinander mit Schal, Schirm und Tasche ausgebaut. Viele Stunden stehen noch bevor, bis die Sache sitzt beziehungsweise über dem Arm liegt...