FDP sagt taktisches Jein zum Brüter

■ Der Bundeshauptausschuß vertagt klare Aussage zum Brüter in Kalkar / Anträge auf das Atomprojekt abgelehnt / Deutschlandpolitisches Papier verabschiedet / Dialog mit der DDR weiterentwickeln

Berlin (taz/ap) - Die FDP drückt sich weiter um eine klare Aussage zum Schnellen Brüter in Kalkar. Der Bundeshauptausschuß der Partei lehnte am Samstag in Berlin mehrere Anträge ab, in denen der sofortige Verzicht auf das Milliardenprojekt verlangt wurde. Nur mit Mühe entging der sogenannte kleine FDP-Parteitag der Blamage, am Ende der mit Spannung erwarteten Diskussion zum wiederholten Mal ganz ohne Aussage zum Brüter dazustehen. Der „Kernsatz“ der schließlich verabschiedeten Resolution lautet: „Die FDP fordert, daß die rechtlich zuständigen Institutionen Bundesregierung und Landesregierung Nordrhein-Westfalen als Genehmigungsbehörde - sowie Hersteller und Betreiber nun zu einer endgültigen Entscheidung über die Zukunft des Projekts SNR300 zu kommen.“ Wie gehabt, hört für die FDP der Spaß vor allem beim Geld auf. Eine langfristige Finanzierung des gegenwärtigen Wartezustands in Kalkar - Kostenpunkt: jährlich 105 Millionen Mark - wird in dem Papier als „nicht vertretbar“ bezeichnet.

Die hinter verschlossenen Türen ausgehandelte Nicht -Entscheidung war Ergebnis einer heftigen Diskussion, in deren Verlauf sich neben den bekannten Brüter-Kritikern Baum, Hirsch und Westerwelle auch der designierte Wirtschaftsminister Helmut Haussmann für den Kalkar-Ausstieg stark machte. Dem Vernehmen nach wies der neue Parteivorsitzende Otto Graf Lambsdorff Haussmann diskret darauf hin, daß dessen ablehnende Haltung zum Brüter für seine Ministerkandidatur nicht gut sein könne. Lambsdorff erklärte während der Debatte, man solle es getrost der nordrhein-westfälischen Landesregierung oder der Stromwirtschaft überlassen, den Schnellen Brüter endgültig zu begraben. Es würde der FDP nicht gut bekommen, sich „einen toten Vogel in die Tasche stecken zu lassen“. Unter Hinweis auf den kürzlich vom Haushaltsausschuß des Bundestags vorläufig gesperrten Anteil des Bundes an den „Wartekosten“ für den Brüter für 1989 (35 Millionen Mark) erklärte Lambsdorff, ein weiteres Verschleppen des Projekts als „Staatsreaktor ohne Aussicht auf Genehmigung“ mache für die FDP keinen Sinn.

Am Samstag vormittag verabschiedete der Bundeshauptausschuß einstimmig ein deutschlandpolitisches Papier. Darin plädiert die FDP dafür, den Dialog mit der DDR auf allen Ebenen weiterzuentwickeln. Berlin soll stärker als bisher eine zentrale Rolle als Brücke zwischen Ost und West zukommen. Die „deutsche Frage“ könne nur innerhalb einer gesamteuropäischen Friedensordnung gelöst werden. „Es muß Ziel unserer Politik sein, Grenzen überflüssig zu machen und damit die Trennung für die Menschen zu überwinden. Dazu gehört auch, daß anachronistische Relikte der Menschenrechtswidrigkeit wie Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl und Ausreisebeschränkungen verschwinden“, heißt es in dem im wesentlichen vom Berliner FDP-Vorsitzenden Walter Rasch formulierten Papier.

gero