Keine Lichtung im Grünen Dschungel

Bundeshauptausschuß der Grünen berät über Bewältigung der Parteikrise und Finanzstreit / Soll Europaparteitag über Rücktrittsforderung des Vorstands beraten? / Prüfbericht widerlegt 'Spiegel'-Vorwürfe  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Im Vorfeld des grünen Europa-Parteitags am 2./3.Dezember in Karlsruhe ist in der Partei eine verworrene Beschlußlage entstanden, ob und wie die Parteikrise und der Finanzstreit dort behandelt werden müssen. Eine Mehrheit der bayrischen Landesversammlung forderte am Wochenende, in Karlsruhe einen Antrag auf Rücktritt des Vorstands einzubringen. Die Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hatten bereits zuvor beantragt, den Streit um die Finanzen der Parteivilla „Haus Wittgenstein“ zum Thema in Karlsruhe zu machen. Obwohl Vorstands-Sprecher Schmidt beim grünen Bundeshauptausschuß gestern in Bonn meinte, diesem „breitem Wunsch“ in der Partei müsse Rechnung getragen werden, folgte dieses (entscheidende) Gremium am Ende einem Antrag Schmidts, das Thema Wittgenstein erst auf der nächsten ordentlichen Bundesversammlung im April zu befassen. Allgemein werden die negativen Auswirkungen auf den Europa -Wahlkampf befürchtet, wenn er unter dem Schatten des Finanzstreits eingeläutet werden muß.

Nachdem allerdings auch mehrere Mitglieder der innerparteilichen Finanz-Untersuchungskommission auf der Sitzung des Bundeshauptausschusses den Rücktritt des Vorstands forderten, sprach sich Schmidt dafür aus, daß der Vorstand von sich aus die Vertrauensfrage stellt. Voraussichtlich wird also erst durch eine Geschäftsordnungs -Debatte auf dem Parteitag geklärt werden, ob sich dort mit den Finanzen und/oder den Rücktrittsforderungen befaßt wird. Einstimmig nahm der Hauptausschuß zur Kenntnis, daß durch einen neuen Prüfbericht - diesmal durch einen vereidigten Wirtschaftsprüfer - der 'Spiegel'-Vorwurf eines „gnadenlos freien Belegwesens“ in der Partei vom Tisch ist. Dieser Bericht war nach den 'Spiegel'-Veröffentlichungen im Auftrag des Finanzrats der Grünen erstellt worden. Für eine nochmalige Überprüfung, diesmal durch das Unternehmen Treuarbeit, soll der Schatzmeister aber den Weg freigeben, indem er sein bisheriges Veto dagegen zurückzieht. Dies beschloß das Gremium ebenfalls auf Antrag von Vorstands -Sprecher Schmidt.

Hinsichtlich der hohen Kosten bei der Renovierung von Haus Wittgenstein erhob der neue Bauleiter - der frühere Bundestagsabgeordnete und Architekt Walter Sauermilch - vor dem Hauptausschuß heftige Vorwürfe gegen den „dilettantischen“ früheren Bauleiter Lothar Kämper. Dieser kündigte wegen der „diffamierenden Äußerungen“ rechtliche Schritte gegen den Bundesvorstand an. Daß nun die Schuld an der Mißwirtschaft beim Umbau weitgehend dem Ex-Bauleiter zugeschoben werde, sei eine Fortsetzung der „politisch verheerenden Strategie“ im Vorstand, die Verantwortung auf Beschäftigte abzuwälzen, meinte Ute Stöffler von der parteiinternen Untersuchungskommission. Ihr Kollege Eberhard Bueb begründete seine Rücktrittsforderung an den gesamten Vorstand damit, daß den Aushilfskräften in Wittgenstein in Wirklichkeit nicht geholfen, sondern geschadet worden sei und der Vorstand monatelang die Unwahrheit gesagt hätte.