Hauptsache, die Kassen klingeln

■ Ob Senat, Hersteller, Besitzer oder Filialist: Beim Geschäft mit den Spielhallen kommen alle auf ihre Kosten / Die Lasten der aggressiven Ansiedlungspolitik haben jedoch andere zu tragen

Mit Glücksspielautomaten machen nicht nur die Hersteller Milliardenumsätze, auch der Senat verdient an den Spielhallen. Anstatt sinnvolle Freizeiteinrichtungen zu schaffen und auch die Problematik der Spielhallen zu erkennen, werden lediglich die Steuersätze erhöht oder wie in Berlin Zusatzsteuern eingeführt. Nach dem Beschluß des Abgeordnetenhaues Ende vegangenen Monats müssen dann ab 1. Januar 1989 für Automaten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen pro Gerät monatlich 100Mark und für solche ohne Gewinnmöglichkeit 50Mark gezahlt werden.

Doch als Hemmschuh für die zunehmende Ansiedlung von Spielhallen in den Bezirken erweisen sich Steuererhöhungen oder Zusatzsteuern nicht. Die Entwicklung zeigt, daß ganze Kiezstrukturen durch die aggressive Ansiedlungspolitik von Spielhallenbesitzern zerstört werden. So mußten zum Beispiel in Kreuzberg, neben Schöneberg, Tiergarten und Neukölln mit 158 Spielsalons an vierter Stelle der Hitliste, in den vergangenen Jahren immer mehr Einzelhandelsgeschäfte schließen, weil Automatenaufsteller die Preise für Gewerbemieten in die Höhe trieben.

Ein Verdrängungswettbewerb, der dazu führt, daß zum Beispiel Bäckereien, Obst- und Gemüseläden, Fleischereien und kleine Handwerksbetriebe zunehmend aus dem Straßenbild verschwinden. Statt dessen gibt es für jeweils 900 KreuzbergerInnen eine Spielhalle. Achtzig neue Anträge von Spielhallenbetreibern liegen Baustadtrat Orlowsky derzeit vor. Bis auf einen wird er alle anderen Anträge aus baurechtlichen Bedenken ablehnen, doch gegen die bereits vorhandenen Läden könne seine Behörde nichts tun, erklärte er jüngst auf einer Podiumsdiskussion zum Thema Spielhöllen und Kiezzerstörung.

Auch Jugendstadtrat König bedauert, nichts gegen die Spielhallen unternehmen zu können. Ihm ist zwar bekannt, daß sich Jugendliche unter 18 Jahren in diesen Stätten aufhalten, doch „eine Kontrolle ist gänzlich unmöglich“, so König. Er forderte eine gesetzliche Änderung. nach der die Gewerbefreiheit nicht mehr für Spielhallen gelten soll.

Denn das Betreiben gewinnbringender Geldspielautomaten ist seiner Meinung nach Glückspiel, und das sei schließlich gesetzlich verboten. Dieser Forderung schließen sich auch der Caritasverband, Mitglieder des Elternzentrums und des Vereins SO36 an.

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