Bonner Alkis

■ Schnaps und Pillen regieren im Bundestag

Berlin (taz) - Der Tag geht, Johnny Walker kommt. Bei vielen Bonner Parlamentariern kommt der Whisky allerdings schon in den frühen Morgenstunden. Joschka Fischers Vergleich des Bundestags mit einer „unglaublichen Alkoholikerversammlung“ wurde jetzt von Sprechern aller Fraktionen in einem „Panorama„-Bericht bestätigt. Die Einschätzung der Suchtproblematik geht bis zu der Fragestellung, ob die Abgeordneten nach Schnaps und Pillen überhaupt noch entscheidungsfähig seien.

Uta Würfel (FDP) trifft nicht selten morgens um neun Uhr Kollegen, „die sich beim Gläschen befinden“. Heike Wilms -Kegel von den Grünen berichtet von Abgeordneten, die sich während der Beratungen zur Flasche zurückziehen. Im Aufzug flattere schon morgens die frische Fahne der Kollegen im Wind.

Während in statistischen Untersuchungen fünf bis sieben Prozent der Bevölkerung als alkoholabhängig oder -gefährdet eingestuft werden, nennt der Berliner Suchtexperte Hans -Detlev Cabanis die Zahl von 20 Prozent Alkoholikern für den Bundestag. „Isolierung“ und „pausenlose Überforderung“ sieht Horst Jaunich (SPD) als Hauptursachen für den Suff in Bonn. Joschka Fischer weiß, daß der Griff zum Whisky-Glas die Voraussetzung ist, „um überhaupt von dem Streß runterzukommen“. Trotz weit verbreitetem Alkoholismus und Tabletten-Konsum bleibt das Problem tabu. Sich zu seiner Sucht zu bekennen, so der CDU-Abgeordnete Paul Hoffacker, sei „politisch tödlich“.

Die Grünen-Abgeordnete Wilms-Kegel verlangt die Einsetzung eines Suchtbeauftragten, ihr SPD-Kollege Jaunich fordert eine Bundestagsdebatte über die Suchtprobleme.

-man