Keine Umwelttarife

■ Die Bewag denkt über eine Strompreiserhöhung nach / Lineare Tarife sind aber nicht im Gespräch / Weiter gilt: Energieverschwendung bleibt in Berlin billig

Die Bewag wird ihre Stromtarife „wahrscheinlich“ erst in der zweiten Jahreshälfte 1989 erhöhen. Das kündigte gestern Bewag-Vorstandsmitglied Tegethoff an. Die Höhe hänge davon ab, ob der Senat bei seinen Gesprächen in Bonn einen Ausgleich dafür herausholen könne, was die Bewag ab 1989 durch die Steuerreform verliere, sagte Tegethoff. Falls der Senat keinen Erfolg habe, werde der Strom im Schnitt um einen Pfennig pro Kilowattstunde teurer, ließ die Bewag durchblicken. Das Umweltschutzprogramm der Bewag dürfte mit etwa 3 Pfennig zu Buche schlagen.

Wenn die Bewag Tariferhöhungen beantragt, will Wirtschaftssenator Pieroth (CDU) das erst „eingehend prüfen“, Erhöhungen aber auch „nicht ausschließen“. Das bestätigte gestern Pieroth-Sprecher Mickeleit. DGB und SPD hatten in den letzten Tagen die geplante Tariferhöhung kritisiert. Der DGB sieht Arbeitsplätze in Gefahr, wenn die ohnehin hohen Berliner Tarife weiter nach oben getrieben würden. Die SPD fürchtet, daß die „sozial Schwächeren“ besonders getroffen würden.

Völlig untergegangen sind in der Debatte umweltpolitische Ziele. Immerhin kann ein höherer Strompreis der Energieverschwendung entgegenwirken und damit auch den Ausstoß von Kohlendioxyd, das den „Treibhaus-Effekt“ erzeugt, begrenzen. AL-Umweltexperte Schwilling forderte deshalb gestern lineare Tarife, wie sie auch im SPD-Programm stehen. Das hieße: Die Großverbraucher in der Industrie zahlen pro Kilowattstunde nicht weniger, sondern ebensoviel wie Kleinverbraucher. Die Berliner Wirtschaft, meint der FU -Professor und Umweltexperte Martin Jänecke, könnte höhere Stromtarife ohne weiteres verkraften. DGB-Experte Borghorst sieht das anders. Die ArbeiterInnen in der Textilindustrie etwa fürchteten einen weiteren Strompreisanstieg. Borghorst ist deshalb gegen einen Berliner Alleingang. Ähnlich denkt der Wirtschaftssenator. Pieroth sei aber durchaus „aufgeschlossen“ gegenüber linearen Tarifen, nur müßten diese bundesweit gelten, sagt Sprecher Mickeleit. Die Bewag jedoch, so gestern Tegethoff, „denkt im Augenblick nicht über eine Linearisierung der Tarife nach“.

hmt