„Israel steht jetzt am Scheideweg“

Israelische Schriftsteller appellieren an die Führung der Arbeiterpartei, keine Koalition mit der Rechten einzugehen  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Bekannte israelische Schriftsteller aus dem Umfeld der Arbeiterpartei haben an deren Führung appelliert, sich nicht an einer rechten religiösen Regierung zu beteiligen. Zu den Unterzeichnern eines entschiedenen Aufrufs zählen unter anderem Amos Oz, A. B. Jehoschua, Aharon Megged, Jehuda Amichaij und David Schütz. Sie verlangen, daß sich die Arbeiterpartei „nicht dem Diktat der rechten und klerikalen Gruppen unterwirft und die historischen Traditionen der sozialdemokratischen und liberalen Bewegung verrät. Die sechzehn namhaften Dichter, Schriftsteller und Kritiker warnen davor, daß „Israel jetzt am Scheideweg steht und die Gefahr droht, daß sich Israel bis zur Unkenntlichkeit verändert ... Wir fürchten, daß Israel der Macht der Finsternis verfällt, den Krieg herbeiführt und sich von den Juden der Welt isoliert“.

Die Schriftsteller betonen, daß die letzten Wahlen den Chauvinisten keine absolute Mehrheit gegeben haben, so daß kein Grund für Defätismus und Unterwerfung im Rahmen einer Koalition bestehe, deren Stimme die der Rechtsextremen und Orthodoxen ist. Der „normale Zionismus“ der Arbeiterpartei sei noch zu retten, „wenn die Arbeiterpartei sich nicht an einer rechtsradikal/orthodoxen Koalition beteiligt, die das, 'Wer ist ein Jude'-Gesetz diktiert, sondern den Weg einer human-zionistischen Opposition beschreitet“. Es sei die Pflicht der Arbeiterpartei, die Tradition der Sozialdemokratie aufrechtzuerhalten, nicht sie zu verraten. „Wenn die Führer der Arbeiterpartei sich unterwerfen und einer Likud-Regierung beitreten, dann tun sie das ohne uns“, erklären die Unterzeichner.

Der bekannte hebräische Dichter Jehuda Amichai, der im allgemeinen keine öffentlichen Aufrufe unterzeichnet, erklärte: „Diesmal steht die Zukunft meiner Kinder auf dem Spiel, denn es besteht die Gefahr, daß sich ein Regime und Umstände herausbilden, die ein normales Leben unmöglich machen. Wir gehen einem totalen Ruin entgegen. Diese katastrophale Entwicklung wäre nicht möglich gewesen, wenn es eine Trennung zwischen Staat und Religion gegeben hätte.“ Amichai ist ein Bürgerlich-Liberaler, der keiner Partei angehört und „die individuellen Rechte der Person“ gewahrt sehen will. „Der traurigste Gedanke daran ist, daß die Arbeiterpartei trotz aller Romantisierungs-Tendenzen auch keine kämpferische Opposition darstellen wird.“

Der Schriftsteller Amos Oz meinte, in einer Likud -klerikalen Regierung solle Jitzhak Rabin „das Feigenblatt für die harte Faust bilden, während Rabins Genossen als Feigenblatt für die Blöße einer solchen rechts-orthodoxen Regierung dienen.“