40.000 Mark für fünf Pfund Butter

Nordrhein-Westfalen soll Schadensersatz für weggewischte Beuys-Fettecke zahlen  ■  Aus Düsseldorf Syster Strubelt

Fette Brocken beschäftigten gestern vormittag den 11.Zivilsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Fünf Pfund sechs Jahre alte Butter lagen in einer Käseglocke vor dem Richtertisch - die kläglichen Überreste einer Fettecke, die Joseph Beuys 1982 in seinem Atelier in der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf modelliert hatte. Dank ihrer „ikonischen Form“ war die dreieckige Butterplastik in einer Raumecke aus fünf Meter Höhe nicht abgerutscht - erst nach Beuys‘ Tod 1986 wurde sie bei einer Putzaktion des Hausmeisters „herausgereinigt“ und landete buchstäblich „im Eimer“. Beuys‘ Meisterschüler Johannes Stüttgen verklagte das Land Nordrhein-Westfalen auf 50.000 Mark Schadensersatz. Beuys hatte ihm den Butterklops 1982 geschenkt, aber das Landgericht konnte in der ersten Instanz nicht klären, ob eine an der Wand klebende Fettecke juristisch zu behandeln sei, also auch tatsächlich als Eigentum mitgenommen werden könne.

Vor der Wiederaufnahme des Verfahrens hatte Stüttgen sich nun auch die Rechte der Beuys-Witwe an dem Kunstobjekt übertragen lassen. Das Oberlandesgericht bemühte sich redlich, das „Recht an den Sachverhalt heranzutragen“. Das Fettobjekt, entschied Richter Ernst Jürgen Kratz, habe sich in öffentlich-rechtlicher Verwahrung befunden. Und da der Staat keine „allgemeine Schlampigkeit“ geltend machen könne, empfahl er, Nordrhein-Westfalen solle dem Kläger 40.000 Mark zahlen. Das Land muß sich bis Ende Januar entscheiden, ob es diesen Vergleich annehmen wird. Die beauftragte Rechtsanwältin meldete allerdings Bedenken an. Wenn das Land überhaupt bezahlen würde, wolle man zumindest die Überreste der Fettecke haben, ein Anspruch, den der Richter mit Blick auf die von dicken Schimmelpilzen bewachsenen Butterstücke als „herrlich“ bezeichnete.