Oper a la Americain

■ Die Gershwin Gala 88 bietet die „greatest Hits“ aus „Porgy and Bess“, der „Rhapsody in Blue“

Zumindest im Supermarkt oder als kleinen akustischen Schnipsel im Radio hat sicher jeder schon in früher Jugend die Musik von George Gershwin gehört. Ich kann mich erinnern, daß ich als kleiner Pöcks ganz gespannt war, wie sich wohl die Rhapsody in Rot oder Gelb anhören würden, denn wenn er schon eine blaue schrieb, müßte ein ordentlicher Komponist doch auch noch die anderen Farben drannehmen. „Summertime“ kann wohl jeder unter der Dusche pfeifen. Gershwins Musik ist schon fast in dieser Alltäglichkeit verschwunden und zur Muzak verkommen, und so kann es ganz spannend und erhellend sein, sie in einer Galavorstellung vom sechzigköpfigen America Opera Orchestra mit dem renomierten Dirigenten Emmett Mitchell Steele wieder im ihr zustehenden Rahmen zu hören. Den obwohl Gershwin als Broadway Komponist anfing, und mit seinem Bruder Ira als Songtexter jedes Jahr ein neue Bühnenshow herausbrachte, wollte er auch symphonische Musik komponieren. „Rhapsody in Blue“ war 1924 sein erstes konzertantes „ernstes“ Werk und ein riesiger Erfolg. Ein wenig trug dazu sicher auch ein Minderwertigkeitskomplex der Amerikaner bei - Dvorak hatte zwar seine Sinfonie „Aus der neuen Welt“ in den USA komponiert und aufgeführt, aber einen waschechten Amerikaner gab es in der Riege der klassischen Komponisten damals noch nicht. Mit Gershwin hatten sie nun das erste Mal den Fuß in dieser Tür, aber seine Orchesterwerke konnte man auch nicht so einfach in die E-Musik Schublade stecken. Diese Rhapsody swingte und war mit den Anleihen bei der gängigen populären Unterhaltugsmusik alles andere als E(rnst).

Sein nächstes Symphonisches Werk „Ein Amerikaner in Paris“ war eine „Tondichtung mit Orchester“ die 1951 durch die Verfilmung von Gene Kelly bekannt wurde. Mit „Porgy and Bess“ schrieb Gershwin dann 1934 nicht nur die erste und einzige große amerikanische Oper - das Drama spielt in einer Siedlung für Schwarze, alle handelnden Personen sind Farbige, und das war 1934 sicher weitaus mutiger als Spielbergs Entscheidung, in „Die Farbe Lila“ mit farbigen Hauptdarstellern zu arbeiten. (Daß Gershwins Songs die „unverwüstliche Frohnatur der Schwarzen“ beschreiben, ist zum Glück nichts anderes als ein peinlicher Schnitzer im Pressematerial.)

Gershwins Musik ist zwar kein Jazz, aber beeinflußte viele Jazzer, etwa Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Miles Davis. Die böse Ironie des Erfolgs von „Porgy and Bess“ ist, daß bis in die sechziger Jahre hinein farbige Amerikaner keinen Zutritt in die meisten Opernhäuser hatten, in denen „ihre“ Oper gespielt wurde. Auf der Gershwin Gala 88 wird wohlgemerkt nicht die ganze Oper aufgeführt - daß wäre viel spannender als dieses Greatest Hits Programm gewesen, aber ist natürlich viel zu aufwendig für eine Tournee. So kommt die Veranstaltung mit drei Solisten aus: dem Pianisten Assia Zlatkova, dem Bariton Emerson Green, der sicher auch nicht alle Arien auf den Knien in einem Wägelchen singen wird, wie es die Rolle des verkrüppelten Porgy eigendlich verlangt. Als Bess singt die Sopranistin Karen Parks, auf die man sehr gespannt sein darf, denn nach dem Pressematerial ist sie „ebenso schön wie gebildet“: die Doktorin der Musik war auch schon „Miss Texas“ und „Miss Galaxy International“.

Willy Taub Glocke, Sonntag, 20 Uhr