Kleine Konjunktur für großen Plüsch

■ Was schenke ich meinem Kinde? / Hölzernes und High Tech, Igel Joggy und Miss Makeup startklar zum Angriff aufs Kinderzimmer / Der Weihnachtsmann kommt schwer in die Gänge / Altbewährtes vorn

Breitbeinig steht die Vierjährige vor dem Bildschirm in der Spielwarenabteilung. Die Hände hat sie in die Manteltaschen versenkt, die Lippen mißbilligend zusammengepreßt. Auf dem Monitor läuft ein Demo-Video zum richtigen Gebrauch von „Miss Makeup“. Die 32 Zentimeter große Plastik-Kreation ist die erste Puppe mit automatischem Make-up. Kaltes Wasser, in die Kunststoff-Visage geklatscht, erzeugt im Handumdrehen einen knallroten Kußmund, himmelblauen Lidschatten und Apfelbäckchen. Eine sanfte Kinder

stimme vom Video säuselt: „Sie ist jetzt schön wie ein Prinzessin.“

Dergleichen plumpe Nach-Hilfe in Sachen Weiblichkeit läßt den Jungen am Nebentisch bei Karstadt kalt. Er hantiert wichtig an der funktionsfähigen Nachbildung eines Industrieroboters. Das Monstrum hat einen richtigen Greifarm und hört im Umkreis von zehn Metern auf eine Fernsteuerung. „Omnibot“ kann sogar ein Tablett schleppen und vermutlich auch das Frühstück servieren und abwaschen. Alles Arbeiten, die unser Kleiner nun

delegieren kann.

Werden Miß Makeup und „Omnibot“ am Heiligabend unsere Kinderzimmer aufmischen oder Eltern und Kinder beglücken? Erfahrene Spielzeughändler wissen, daß augenfällige Neuheiten nicht immer die großen Renner sind. Überhaupt kommt der Weihnachtsmann in diesem Jahr schwer in die Gänge. „Es gibt noch keine Verkaufsknüller. Das zeichnet sich erst in den nächsten Wochen ab!“ meint die Inhaberin von „Spielwaren Bürckel“ in der City. Dort setzt man auf Bewährtes. Traditionell gut im Geschäft

ist solides Holzspielzeug, Tiere und Kasperfiguren. „Plüsch geht sehr gut.“ Aber auch technisches Spielzeug ist ein Selbstläufer. Funkferngesteuerte Autos wechseln zwischen 95 und 519 Mark den Besitzer.

Michael Wurmsee von der „Spielerei“ im Bremer Steintor -Viertel hat einen andauernden „Trend zum alten, bewährten Spielzeug“ ausgemacht. Bauklötze, Puppenhäuser und Tiere aus natürlichem Material wollen die Eltern im Viertel nach wie vor haben. Das repräsentative überlebensgroße Plüschtier ist im Kom

men. Der halbmetergroße Steiff-Igel Joggy (schlappe 270 Mark bei Karstadt) nimmt so die Gentechnologie vorweg. Auch Spiele liegen gut im Rennen. „Die Leute setzen sich wieder gemeinsam um den Tisch!“ weiß Michael Wurmsee. Frau Laudeley, die im weit entfernten proletarischen Gröpelingen Puppenklinik und Spielwarenhandlung betreibt, teilt diese Einschätzung. „Die Leute wollen Spiele auf freundschaftlicher Basis“, verrät sie. „Solche, wo man nicht gewinnen oder verlieren kann“.

Günter Beye