Erstmal kostet es was...

■ ...aber dann hilft es alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerinnen zu einer qualifizierten Umschulung, professionellen Helfern zu Arbeit und schweijkscher Schläue und dem Land beim Geldsparen: ein Modellversuch samt Fachtagung

Es geht darum, alleinerziehende Sozialhilfeempfängerinnen so vorzubereiten, daß sie eine Umschulung zur Damenschneiderin, Köchin, Bürokauffrau oder Metallarbeiterin wagen, durchstehen und mit einem qualifizierten Abschluß beenden. Es geht darum, den Frauen von Tenever und Huchting, meist ohne beruflichen Abschluß, die außer minderjährigen Kindern oft noch Schulden und Alkoholprobleme am Hals haben, einen qualifizierten Arbeitsplatz oder jedenfalls ein Anrecht auf Arbeitslosengeld zu sichern. Der Modellversuch, den das Arbeiter-Bildungs-Centrum der Bremer Arbeiterkammer seit September 86 durchführt, versucht das. Auf der Fachtagung im Hotel Munte ging es allerdings, je mehr gutaussehende, wohlgeplegte Herren vom mitfinanzierenden Bundesbildungsministerium oder sozialbürokratischen Sonstwo referierten, desto doller um Richtwerte, AFG und F und U, Umsetzungsvorgaben, Orientierungsrichtlinien, einspuriges Fahren und Komplexität, den Horror der zunehmenden Langzeitarbeitslosen und besonders der alleinerziehenden Frauen darunter in Gestalt wunderbar transparenter Folien und beruhigend beherrschbarer Zahlenkolonnen. Auf einer Fachtagung tagen die professionellen HelferInnen. Die berufliche Qualifizierung der 48 „Problemgruppenfrauen“, die im März ihre Vorbereitungsphase begannen und von denen im zweiten Jahr noch 36 dabei sind, sie sichert zunächst einmal die Arbeitsplätze der sozialen Bürokratie.

Deshalb muß nicht unsinnig sein, was sie tut. Von dieser Bürokratie zu lernen war, daß ein guter Teil der beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen bestenfalls Menschen aus dem Sozialhilfe

ressort herausbringt, aber als Berufsqualifikation für die Katz ist: fehlende sozialpädagogische Betreuung und der Zuschnitt der Lerninhalte und -Bedingungen (Kinderbetreuung) ignorieren die Interessen ihrer spezifischen Zielgruppe, hier der Frauen.

Aber grade hierin liegt die einzige Möglichkeit, die Schere zu schließen, die sich immer mehr öffnet zwischen dem wachsenden an qualifizierten Fachkräften einerseits und immer mehr Leuten (besonders Frauen) auf der anderen Seite, die immer weiter vom Fenster des Arbeitsmarktes weggeraten. Sagte Frank Glücklich von der Hamburger „Stiftung Berufliche Bildung“. Und auch, daß die berufliche Weiterbildung, sowohl die betriebliche aber auch die außerbetriebliche, nach dem Arbeitsförderungsgesetz, den Ausgrenzungsprozeß der An-und Ungelernten weiter verschärft. In seiner Streitschrift „Kapitulation vor der Dauerarbeitslosigkeit“ kritisiert er das AFG als auf die Ausgrenzung der „Problemgruppen“ in der Dauerarbeitslosigkeit gar nicht zugeschnitten, und er fordert ein Ergänzungsgesetz für ein „problemgruppenspezifisches Benachteiligtenprogramm für Erwachsene“. Bund und Länder sollen je 40, die Gemeinden 20 % des auf 1 (bzw. 2) Mrd. angelegten Prgramms finanzieren. Diesen Kosten stünden aber Einsparungen gegenüber (für die Folgen Sozialhilfe, Gesundheitskosten, Kriminalitätsbekämpfung etc.) und Einnahmen durch Wirtschaftsförderung und Kaufkrafterhöhung.

In einer ganzen Kette von Modellversuchen von München bis Rauderfehn ist der Bremer ein Musterbeispiel für die Schwierigkeiten aber auch die erfinderischen Mühen, die der „zielgrup

penspezifische“ Ansatz freisetzt. Mit lediglich 12 Abrecherinnen vor allem in der Vorbereitungs-und der Anfangsphase liegt er im Vergleich günstig. Der Bericht

von Silke Axhausen (Wiss. Begleitung) und Charlotte Dorn (Projektleiterin) „Wege aus der weiblichen Armut“ liest sich wie ein Brevier der Hartnäckigkeit.

Das beginnt damit, überhaupt die „richtigen“ Frauen ausfindig zu machen, die ja beim Arbeitsamt gerade nicht gemeldet sein können, weil sie - unbeaufsichtigte

Kinder! - als der Vermittlung nicht zur Verfügung stehend gelten. Abhilfe brachte Zusammenarbeit mit den vielen Zweigen der „Bremer Frauenlobby“ und Pressearbeit, zum Beispiel. Das setzte sich fort in den Finessen, die Kinder trotz voller Kitas und trennungsungewohnter Mutter-Kind -Symbiosen versorgen zu lassen, z.B. per Zusammenarbeit mit einem „Oma-Hilfs-Dienst“.

Dann: Nach der § 42 AFG sind Frauen zwar inzwischen auch durch Hausfrauentätigkeit förderungswürdige Personen, haben aber noch keinen Anspruch auf Unterhaltgeld. Mit der Bremer Arbeitsbehörde wurde das IQL-Finanzierungsmodell ausgetüftelt, bei dem am Ende 1.400 DM Unterhaltsgeld und die Arbeitslosengeldberechtigung herausgekommen sind.

„Erstmal kostet das was“ sagte Volker Pusch vom Landesamt für Weiterbildung, aber „zwei, drei Jahre später gibt es massive Einspareffekte“. Letzte Woche gab Finanzsenator Grobecker grünes Licht für die Fortsetzung des IQL-Rahmens bis 1994.

Uta Stolle