Dem Tode nach Bremen entronnen

■ 18 zum Tode Verurteilte flohen im August aus türkischem Knast / Fünf von ihnen haben jetzt in Bremen Asyl beantragt / Sechs gingen der türkischen Polizei wieder ins Netz

Zwölf Flüchtlinge konnten der türkischen Polizei über die Grenze entkommen: nach Griechenland, in die Schweiz und die Bundesrepublik. Fünf von ihnen sind seit wenigen Tagen in Bremen. Gestern haben sie politisches Asyl beantragt.

Im August krochen 18 politische Häftlinge aus einem Tunnel, der aus dem Gefängnis von Kirsehir (Mittelanatolien) ins Freie führte. Außer einem waren alle Gefangenen zum Tode verurteilt, für politische Taten, die sie vor dem Militärputsch von 1981 „begangen“ hatten, und die nach dem

Putsch plötzlich strafbar wurden. Alle waren vor ihrer Verurteilung schwer gefoltert worden.

Der Massenausbruch von Kirsehir war eine schwere Schlappe für die türkische Polizei. Besonders peinlich: Von der Gefangenenbefreiung gibt es Fotos und sogar einen Videofilm. Bis heute läuft der Polizeiapparat auf Hochtouren: Bei Razzien und Straßenkontrollen wurden unzählige Menschen verhaftet. Im Oktober durchsiebten Polizeischützen in Istanbul ein Auto. Fünf junge Männer starben auf der Straße. Sie hatten sämtlich mit dem Aus

bruch nichts zu tun, räumte die Polizei später ein.

Sechs der Flüchtlinge gingen den Behörden allerdings wieder ins Netz, ehe sie die Grenze erreichten. Auch drei „deutsche“ Türken verhaftete die Polizei, denen sie vorwirft, bei dem Ausbruch geholfen zu haben. Einer von ihnen: Ahmet Güler, Buchhändler aus Bremen. Zusammen mit seinen Eltern wurde er in der Nähe von Ankara bei einer Straßenkontrolle gefaßt und zwei Wochen lang schwer gefoltert (taz berichtete). Er wartet in Ankara auf seinen Prozeß.

mw