Denkmal entzweit Österreich

■ Denkmal „Gegen Krieg und Faschismus“ in Wien enthüllt / Bildhauer Hrdlicka boykottiert Einweihungsakt / Brutales Vorgehen der Wiener Polizei

Wien (afp/taz) - In Wien ist am Donnerstag abend ein „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ des österreichischen Bildhauers Alfred Hrdlicka enthüllt worden. Das Denkmal, das in Erinnerung an die nationalsozialistische Zeit in Österreich einen straßenwaschenden Juden in den Mittelpunkt stellt, wurde am Wiener Albertinaplatz neben der Staatsoper im Beisein des österreichischen Bundeskanzlers Franz Vranitzky und Vertretern der Religionsgemeinschaften eingeweiht. Die österreichische Volkspartei (ÖVP), die sich heftig gegen den von ihrem sozialistischen Koalitionspartner verteidigten zentralen Standort des Denkmals sowie gegen seinen Schöpfer, den des „Stalinismus“ bezichtigten Bildhauer Hrdlicka ausgesprochen hatte, blieb der Einweihung demonstrativ fern.

Während der Enthüllung kam es zu einem brutalen Zwischenfall mit der Polizei, der in der kurzfristigen Festnahme von drei Hausbesetzern gipfelte. Eine Gruppe von Hausbesetzern hatte in der Nähe des Denkmals symbolisch in Erinnerung an das Schicksal der Wiener Juden nach dem Anschluß Österreichs an Hitler-Deutschland im März 1938 die Straße gewaschen und ein Transparent mit der Aufschrift „Der Führer ist gegangen, die Arisierer sind geblieben“ ausgebreitet. Einem Festgenommenen wurde von der Polizei die Hand gebrochen, als sie ihn mit den beiden anderen Demonstranten durch die Menge schleiften. Ursprünglich hatte der am Dienstag verstorbene österreichische Lyriker Erich Fried die Festrede halten sollen. Die Wiener Historikerin Erika Weinzierl verlas eine noch am Totenbett gegebene Botschaft Frieds, in der er die Bezeichnung „Denkmal“ der eines Mahnmals vorzog, weil es zu Denken anregen solle.

Hrdlicka, seit 1986 Professor an der Hochschule für Künste in Berlin und seit 1987 an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, wird von der ÖVP sein Engagement gegen den wegen seiner Wehrmachtsvergangenheit umstrittenen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim vorgeworfen. Wegen seiner Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei Österreichs von 1947 bis 1956 wird er von Konservativen auch des „Stalinismus“ bezichtigt.

Die oppositionelle Freiheitliche Partei (FPÖ) blieb der Enthüllung ebenfalls fern. FPÖ-Chef Jörg Haider erklärte, er protestiere, daß „jemand ein Mahnmal mit Steuergeldern errichten darf, der sich zum Stalinismus bekennt“. Das Denkmal kostete einschließlich des Honorars von 5,9 Millionen Schilling (842.000 Mark) insgesamt 10,7 Millionen Schilling (1,52 Millionen Mark). Das „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ besteht aus vier Elementen: Durch die beiden Sockel des steinernen „Tors der Gewalt“ geht der Betracher vorbei an der Bronzefigur des „straßenwaschenden Juden“. Nach dem Monument „Orpheus betritt den Hades“ gelangt er zum abschließenden „Stein der Republik“ mit der österreichischen Unabhängigkeitserklärung vom 27.4.1945.