Willy The Pimp

■ Mr. Willy DeVille, die Inkarnation des Club-Rockmusicians, weiß, was sich gehört: Sex, Rosen, und Kulturschmelz kamen auch beim Publikum im Modernsten gut an.

Gegen Ende gab's einen Schwung Rosen für die Menge: Willy DeVille weiß, was sich gehört, vor allem den Damen gegenüber. Eineinhalb Stunden lang hatte er sich zuvor seinem Publikum als personifizierter Schmachtfetzen präsentiert, als Kulturschmelz aus lasziven Posen des frühen Rock 'n Roll, aus Hardrockmachismo und dem coolkalkulierten Männercharme der amerikanischen Barszene: die Inkarnation des Club-Rockmusician, überzeichnet bis zur Karikatur.

Im schwarzen Pokerdress mit überlangem Jackett und Binder war er zunächst auf die Bühne getreten, hatte sich im Laufe des Abends mehrfach umgezogen und sich nach schwarzem Leder und Torerojäckchen über unbehemdeter Brust entblättert - bis endlich - aah - beim letzten Abgang alle seinen asketischen Oberkörper und die Tattoos in natura bewundern durften: Willy hat Sex, er weiß das und zeigt das.

Wie er das Mikro an sich ranzieht, sich in seine Posen hineinspreizt, singt, ohne die Kippe aus dem Mund zu nehmen und sie dann, exakt auf den Akzent des

Drummers, gleichgültiglässig auf den Bühnenboden schnippt das alles wird halbseiden, nicht ganz koscher, riecht nach Bodyguard und Kartenspiel, nach Diamanten im Gebiß und „Italian shoes“: Willy The Pimp.

Mit dem Lied über seine Vorliebe für italienisches Schuhwerk beginnt er denn auch das Programm. Min DeVille pur. Von der sauberen, gefilterten Ästhetik der von Mark Knopfler produzierten 87er Solo-LP ist nichts zu spüren. Im ersten Teil hat man beinahe den Eindruck, als mache er einen großen Bogen um die Songs von „Miracle“, stattdessen singt er sich rauh und schmutzig durch die Rhythm & Blues -Highlights der frühen Werke. Beeindruckend einmal mehr seine stimmliche Ausdruckspalette: In den Balladen trieft er, Kartoffel-im-Hals, vor unterdrücktem Sex, in den aggressiveren Stücken knurrt, gurgelt und bellt er sich durch seine Love-and-Street-Statements. Im Mittelteil macht sich dann allerdings etwas Langeweile breit: Die musikalische Bandbreite des Songschreibers DeVille ist geringer als die des Sän

gers, die Stücke ähneln sich sehr, und vor allem die Balladen drohen mit zunehmender Gefühlsschwere in schmalzigen Klischees zu versickern.

Erst gegen Ende kommt im Modernes Begeisterung auf, als er zwischen schnelleren, älteren Stücken ein paar von den neuen mischt, hart und ungeschönt gebracht auch sie, im Stil von Mink DeVille und nicht von Mark Knopfler.

Buntgemischt das Publikum im Modernes: Der harte Kern der Musik-und Discoszene traf auf die Gelegenheitskonzertbesucher aus dem Umland. Und alle waren glücklich. Das zumindest spricht doch für Mr. DeVille.

Rainer Köster