Auf Erfolgskursus - 6.Folge

Den taz-LeserInnen öffnet sich die Tür zur Welt von Glamour und Mode. Nicht was Sie denken! Die neueröffnete Mannequin-, Dressman- und Fotomodell-Schule „Synthese“ in der Neuköllner Leinestraße, weckt mit alternativen Elementen die Euphorie zum Erfolg. Connie Kolb übt sich im Dauerlauf.

Fast siebzig Unterrichtsstunden sind nach sechs Wochen absolviert, ca. fünfzig weitere bleiben für die Feinheiten. Und was glaube ich, gelernt zu haben? Was den Soloauftritt betrifft, in verschiedenen Schritt- und Drehkombinationen über den Laufsteg zu schreiten, in ein imaginäres Publikum reinzugrinsen sowie an der Laufstegseite diverse Seht-meine -Kleider-Posten aufzustellen. Mit eiserner Disziplin konnte ich auch die Schamesröte bezwingen, die mir beim exhibitionistischen Aufklappen des Mantels (um Innenfutter und -leben aufzudecken) immer ins Gesicht stieg.

Männlein und Weiblein gemeinsam geben ab und an ja ein nettes Bild ab - selbst auf der Bühne ist man davor nicht gefeit. Die Harmonie in Vollnarkose erlebe ich mit Rolf auf dem Laufsteg - zur richtigen Minute treffen wir auf den Brettern zusammen, und Arm in Arm schweben wir dann gemeinsam weiter. Sein liebenswürdiger Charme, den er sich im Laufe seiner Krankenpflegerjahre angeeignet hat, kommt neben mir voll zur Geltung. Doch die traute Zweisamkeit allein bringt's noch nicht. Auf manchen Modenschauen tümmeln sich bis zu zwanzig Leute auf der schmalen Gasse, die wahrscheinlich nicht breiter als 1,50 m ist. Nehmen wir folgende Situation: Ich schlendere gerade mit Partner im Schlepptau geradeaus, plötzlich kommen uns drei Burschen entgegen. Wie entgeht man also dem Rempeln, Schubsen und Stolpern? Reine Improvisation, löst lebender Ex -Kleiderständer Stefan das Problem. Die richtige Drehung, ein paar Rückwärtsschritte oder einfach Posieren am Rand von den Betroffenen im rechten Moment rettet selbst das eingekeilteste Areal. Um uns jedoch den irritiert rumstehenden Dilettantismus auszutreiben, bleut er uns eine choreographierte Formation ein - damit wird endlich einmal der Individualisten-Radius eingedämmt. Das zehn Stunden praktizierte hartnäckige Beckenvorschieben endet am letzten Samstag mal wieder in einer Zwischenprüfung. Trotz anderer Berufsvorstellungen bin ich von meiner 3+ enttäuscht. Aber ich gebe nicht auf.

Übrigens komme ich zwischendurch auch mal ins Schwitzen. Einmal liegt es am dreistündigen Jazz-Dance-Training mit Thomas, der nicht schlapp macht, bis auch der allerletzte Tanztalent-Boykotteur Arme und Beine einigermaßen schleudern und kreuzen, biegen und brechen kann. Unser Plansoll werden sogenannte „Isolationsübungen“ sein, das bedeutet, bestimmte Körperteile unabhängig voneinander unterschiedlich bewegen zu können. Das andere Mal sind es das Auge der surrenden Videokamera und die Augen der Zuschauer, vor denen ich mich in mehrere Foto-Posen stellen soll...